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Düstere Prognose des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk sieht Europa in »neuer Vorkriegszeit«

Polens Regierungschef warnt vor einem großen Konflikt infolge von Russlands Angriff auf die Ukraine. Krieg sei kein Konzept der Vergangenheit mehr, buchstäblich jedes Szenario sei möglich.
Donald Tusk: »Wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine neue Ära begonnen hat«

Donald Tusk: »Wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine neue Ära begonnen hat«

Foto: Attila Husejnow / SOPA Images / IMAGO

Die russische Invasion in der Ukraine vor gut zwei Jahren hat nach Einschätzung des polnischen Regierungschefs Donald Tusk ein neues, kriegerisches Zeitalter in Europa eingeläutet. »Ich weiß, es klingt niederschmetternd, vor allem für die jüngere Generation, aber wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine neue Ära begonnen hat: die Vorkriegszeit. Ich übertreibe nicht; das wird jeden Tag deutlicher«, sagte er der »Welt« und europäischen Partnermedien. »Ich möchte niemandem Angst machen, aber Krieg ist kein Konzept mehr aus der Vergangenheit. Er ist real, und er hat schon vor über zwei Jahren begonnen.«

Am beunruhigendsten sei derzeit, dass buchstäblich jedes Szenario möglich sei, sagte Tusk. »Eine solche Situation haben wir seit 1945 nicht mehr erlebt.« In dem Jahr ging der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Hitlerdeutschlands zu Ende. Tusk sagte, er erinnere sich an ein Foto aus seiner Kindheit, das im Haus seiner Familie gehangen habe. »Es zeigte den Strand von Sopot voller lachender Menschen. Aufgenommen wurde es am 31. August 1939 – ein paar Stunden später begann fünf Kilometer entfernt der Zweite Weltkrieg.«

Explosionen in der Ukraine in Polen hörbar

Das Eindringen eines russischen Marschflugkörpers in den polnischen Luftraum bezeichnete Tusk als einen »beunruhigenden Vorfall«. Wenn Lemberg oder andere Städte in der Westukraine angegriffen würden, seien die Explosionen auch auf der polnischen Seite zu hören, sagte der polnische Regierungschef.

Tusk warnte davor, »wegen Trumps Politik oder antiamerikanischer Stimmung in einigen europäischen Ländern« das Militärbündnis mit den USA zu lockern oder sogar aufzulösen. »Ich bin der Meinung, dass wir ein starkes Bündnis mit Amerika brauchen, aber gleichzeitig unabhängig und autark in der Verteidigung sein müssen«, sagte Tusk. Polen gibt bereits jetzt vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus.

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boy/dpa

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