Um die Nachfrage zu bedienen und Verbrauchsspitzen zu steuern, müssen Stromversorger die
voraussichtliche Belastung ihrer Netze kennen. Eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF)
geförderte Forschungsgruppe der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat
ein auf künstlicher Intelligenz basiertes System entwickelt, das mithilfe von Daten des Strassen- und
Bahnverkehrs die Belastung der Stromnetze präzise vorhersagen kann. Die Methode wurde in der
Fachzeitschrift Energy Strategy Reviews (*) veröffentlicht.
Die Stromversorger nutzen Modelle
zur Vorbereitung auf den Klimawandel, auf drohende Energiekrisen oder auch auf Schwankungen bei
der Produktion von Solar- und Windkraft, deren Anteil am Strommix wächst. Die bisherigen Modelle
stützen sich primär auf historische Verbrauchsdaten. Dabei wird die Belastung der Stromnetze
anhand von früheren Messungen prognostiziert, die in bestimmten Abständen erfolgt sind -
beispielsweise stündlich, täglich oder jährlich. Sie berücksichtigen auch weitere Daten wie etwa
Wettervorhersagen, um den Bedarf zum Heizen oder Kühlen und somit auch den erwarteten
Stromverbrauch zu bestimmen.
Zwei bis sechs Stunden Vorlaufzeit
Im
Rahmen dieses im Tessin und im Kanton Aargau durchgeführten Forschungsprojekts wurden
Stromverbrauchs- und Wetterdaten sowie Strassen- und Bahnverkehrsdaten mithilfe von künstlicher
Intelligenz ausgewertet. Es ist bekannt, dass ein Zusammenhang besteht zwischen Verkehrsdaten
und Aktivitäten wie Freizeit, Arbeit sowie Zeiten, die drinnen oder draussen verbracht werden. Die
Aktivitäten wiederum korrelieren mit dem Stromverbrauch. Die Forschenden erwarteten daher, dass
die künstliche Intelligenz Verbindungen zwischen diesen Informationen herausarbeiten kann.
Tatsächlich ermöglichte sie kurzfristige Voraussagen: Der Stromverbrauch der Haushalte konnte
zwischen zwei und sechs Stunden im Voraus prognostiziert werden.
Je mehr
Elektromobilität desto besser die Prognose
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden
auch herkömmliche Modelle, die sich auf historische Verbrauchsdaten stützen, mit Verkehrsdaten
ergänzt. Dies führte aber nur zu marginal verbesserten Prognosen. Die Forschenden stellten fest,
dass Verkehrsdaten vor allem dann nützlich sind, wenn sie fehlende historische Verbrauchsdaten
ersetzen oder wenn letztere in bestimmten Ausnahmesituationen - etwa einer Pandemie oder
Naturkatastrophe - ihre Aussagekraft verlieren.
Das grösste Potenzial des neuen Ansatzes
liege aber vielleicht in der zunehmenden Elektromobilität, so Aksornchan Chaianong, Leiterin der
Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Energie und Umwelt der ZHAW. "Mit der
wachsenden Zahl elektrifizierter Fahrzeuge werden Verkehr und Strombedarf zukünftig noch enger
miteinander verflochten. Somit dürften die Verkehrsdaten für die Vorhersage des Stromverbrauchs
noch wichtiger werden."
Pressekontakt:
Aksornchan Chaianong
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Zentrum für Energie und Umwelt
Bahnhofplatz 12 | 8400 Winterthur
Tel.: +41 58 934 44 39
E-Mail: aksornchan.chaianong@zhaw.ch