Anlässlich des Internationalen Tags der Bildung müssen die Staats- und
Regierungschefinnen und -chefs der Welt ihr Versprechen einlösen, bis 2030 eine hochwertige
Bildung für alle bereitzustellen.
Bei Krieg ist Bildung eine Investition in Frieden, bei
Ungerechtigkeit eine Investition in Gleichheit, bei Armut eine Investition in Wohlstand.
Machen
wir uns nichts vor: Es gibt eine globale Bildungskrise, die droht, jahrzehntelange Entwicklungserfolge
zunichte zu machen, neue Konflikte auszulösen und den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in
aller Welt umzukehren.
UNO-Generalsekretär António Guterres äusserte sich am letztjährigen
Gipfel zum Bildungswandel, dem Transforming Education
Summit, wie folgt: «Wenn wir unsere Welt bis 2030 entsprechend den Zielen für nachhaltige
Entwicklung umgestalten wollen, muss die internationale Gemeinschaft dieser (Bildungs-)Krise die
Aufmerksamkeit schenken, die ihr gebührt.»
Als «Education Cannot Wait» ( ECW), der
globale UNO-Fonds für Bildung in Notsituationen und Langzeitkrisen, 2016 gegründet wurde,
schätzten wir die Zahl der krisenbetroffenen Kinder, die Bildungshilfe benötigten, auf 75 Millionen.
Mittlerweile sind es 222 Millionen, also dreimal mehr.
Von den 222 Millionen Kindern, denen das Recht auf Bildung durch die
Multiplikationseffekte von Konflikten, Klimawandel und anderen langwierigen Krisen entzogen wurde,
gehen etwa 78 Millionen – mehr als die Gesamtbevölkerung Frankreichs, Italiens oder des
Vereinigten Königreichs – überhaupt nicht zur Schule.
Selbst wenn sie die Schule besuchen,
erreichen viele von ihnen nicht die Mindestanforderungen in Mathematik oder Lesen. Denken Sie
über diese erschreckende Statistik nach: 671 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit können nicht lesen. Das sind mehr als 8
Prozent der Gesamtbevölkerung der Welt. Eine ganze Generation läuft hier Gefahr, den Anschluss zu
verlieren.
Dass wir in einer vernetzten Welt leben, wird uns immer wieder vor Augen geführt:
der Krieg in der Ukraine, aber auch die
Herausforderungen im Zusammenhang mit der venezolanischen Migration nach Kolumbien und Südamerika, die
unverzeihliche Verweigerung des Rechts auf Bildung für Mädchen in Afghanistan und die
verheerende, durch den Klimawandel bedingte Dürre am Horn von Afrika, aufgrund deren 22 Millionen Menschen von einer schweren
Hungerkrise betroffen sind. Diese Probleme sind nicht auf Afrika, den Nahen Osten, Osteuropa,
Südamerika oder Zentralasien beschränkt, sondern vielmehr kollektive Probleme für die ganze Welt,
die wir alle gemeinsam bewältigen müssen.
An jedem Tag, in jeder Minute sind Kinder an
Orten wie Myanmar, dem Sahel, Südamerika und dem Nahen Osten auf der Flucht vor Gewalt und
Verfolgung. An jedem Tag, in jeder Minute werden Jungen in Somalia, der Zentralafrikanischen
Republik und anderswo als Kindersoldaten rekrutiert. An jedem Tag, in jeder Minute lässt die
Klimakrise das Ende der Menschheit näher rücken, und Kinder hungern, da ihnen das Recht
verweigert wird, zur Schule zu gehen – wo sie ihre vielleicht einzige Mahlzeit am Tag bekommen. Und
inmitten von Konflikten, Migration und Klimawandel ringen Regierungen wie in Kolumbien darum,
Kindern in schwer zugänglichen Gebieten die grundlegendsten Lebens- und Bildungsbedingungen zu
ermöglichen.
Es ist ein Angriff auf unsere Menschlichkeit, ein moralischer Affront gegen die
verbindlichen Zusagen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und ein gewaltiger
Rückschritt für unsere hartnäckigen Bemühungen, in diesen Zeiten – trotz aller Widrigkeiten –
Frieden herbeizuführen.
Doch es gibt Grund zur Hoffnung. Dank einer neuen Arbeitsweise,
die rasche humanitäre Hilfe mit umfassender Entwicklungszusammenarbeit verknüpft, haben ECW
und seine strategischen Partner in nur fünf Jahren 7 Millionen Kinder erreicht, und in den nächsten
vier Jahren sollen weitere 20 Millionen hinzukommen.
Stellen Sie sich vor, was Bildung
für ein Kind des Kriegs bedeuten kann? In der Demokratischen Republik Kongo hat die 13-jährige
Nyota ihren Vater und ihre Brüder bei einem
brutalen Angriff auf ihr Dorf verloren. Das Heim ihrer Familie brannte bis auf die Grundmauern nieder.
In einem Land, in dem 3,2 Millionen Kinder nicht zur Schule gehen, sah die Zukunft für Nyota
düster aus. Würde sie Kinderbraut oder Opfer sexueller Gewalt werden, in eine weitere tragische
Statistik in einer vergessenen Krise eingehen?
Nein, Nyota hat nicht aufgegeben. Mit
Unterstützung eines von ECW finanzierten innovativen Programms
besucht Nyota nun wieder die Schule. «Ich träume davon, nach Abschluss der Schule Präsidentin
meines Landes zu werden, um den Krieg hier zu beenden. Dann können die Kinder in Frieden lernen
und müssen nicht dieselben schrecklichen Geschehnisse erleben wie ich.»
Nyota ist nicht
allein: Wir haben inspirierende Briefe von Mädchen und Jungen aus über 20 von
Krisen betroffenen Ländern in aller Welt erhalten, die verdeutlichen, wie überaus wertvoll Bildung
dabei ist, Leben zu verändern und eine bessere Zukunft für künftige Generationen zu gestalten.
Am 16. und 17. Februar 2023 kommen Staats- und Regierungschefinnen und -chefs aus aller
Welt in Genf zur hochrangigen Finanzierungskonferenz von «Education Cannot Wait»
zusammen. Die von dem Fonds und der Schweiz gemeinsam ausgerichtete und von Deutschland,
Kolumbien, Niger, Norwegen und dem Südsudan mitveranstaltete Konferenz bietet Staats- und
Regierungschefinnen und -chefs, Unternehmen, Stiftungen und vermögenden Privatpersonen die
Gelegenheit, das Versprechen von Bildung für alle einzulösen. Ziel ist es, für die nächsten vier Jahren
1,5 Milliarden US-Dollar aufzubringen.
Als Mitausrichter und Mitveranstalter dieser
wegweisenden Konferenz rufen wir die Menschen in aller Welt auf, in das Bildungsversprechen zu
investieren. Das ist die beste Investition, die wir tätigen können, um die Ziele für nachhaltige
Entwicklung zu erreichen.
Nyota und Millionen wie sie geben ihren Traum nicht auf, und auch
wir dürfen sie nicht im Stich lassen. Wir müssen unsere Versprechen einhalten.
Gemeinsam
unterzeichnet von : Bundesrat Ignazio Cassis, Schweiz; Svenja Schulze, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland; Ibrahim Natatou, Bildungsminister,
Niger; Anne Beathe Tvinnereim, Ministerin für internationale Entwicklung, Norwegen; Awut Deng
Acuil, Ministerin für allgemeine Bildung und Erziehung, Südsudan; Alejandro Gaviria,
Bildungsminister, Kolumbien; Gordon Brown, ehemaliger britischer Premierminister, UNO-
Sondergesandter für globale Bildung und Vorsitzender der hochrangigen Lenkungsgruppe von ECW.
Pressekontakt:
Gregory Benchwick
gbenchwick@unicef.org
+1-303-177-7502