Die Arbeit
„Atomkinder“ beschwört in der kollektiven Angst vor Atomkrieg und Umweltzerstörung die
mythologische Welt einer albtraumhaften Zukunft herauf. Die"Atomkinder" beleben als eine groteske
Population von Mutanten eine dystopische Erde, die den Atomkrieg oder die Verwüstung der Natur
durch radioaktive Abfälle überlebt haben. Es erstaunt nicht, dass er früh die Anti-Atombewegung mit
Zeichungen und eigenen Statements unterstützte.
In seinem einzigartigen Stil der
„Biomechanoiden“ verschmilzt er meisterhaft Mensch und Maschine, Elemente aus bedrohlichen
mechanischen Vorrichtungen mit verschiedenen Teilen des menschlichen Körpers - mit Armen,
Beinen, Gesichtern, Brüsten, Bäuchen und Genitalien. Über viele Jahre war dies das Leitmotiv in
seinen Bildern, Zeichnungen und Skulpturen. Er nahm damit nicht nur die Bewegung der Cyborgs
vorweg, sondern auch den aktuellen Diskurs des Transhumanismus.
In seiner
künstlerischen Arbeit verarbeitete H.R. Giger oft auch eigene Traumata und Ängste. Der Werkzyklus
„Passagen“ setzt sich intensiv mit Geburt, Sexualität und Tod auseinander und nimmt insbesondere
Bezug auf das Geburtstrauma, bzw. den Schock der Geburt. Aus diesen Ängsten und Schatten
schöpft er in Passagen indes Bilderwelten, die weit über die individuelle Erfahrung hinaus auf
gesellschaftliche, kollektive und archetypische Kräfte verweisen. Kein anderer Künstler, so schrieb
der Psychiater Stanislav Grof 2011, hat die Plagen, die unsere moderne Gesellschaft heimsuchen,
mit einer solchen Kraft und Tiefe eingefangen – eine aus allen Fugen geratene Technologie, die unser
menschliches Wesen überschattet, die selbstmörderische Zerstörung der Natur auf unserem
Planeten, eine Gewaltbereitschaft, die apokalyptische Ausmasse annimmt, sexuelle Exzesse und der
aus all dem resultierende Massenkonsum von Tranquilizern und narkotisierenden Drogen.
Giger experimentierte bei seiner Arbeit auch mit LSD und pflegte Freundschaften zu Koryphäen
der LSD-Forschung wie Timothy Leary oder Stanislav Grof. Die Ausstellung zeigt auch Werke, die auf
seinen wenigen LSD-Reisen entstanden sind.
Giger war ein Seismograph des Unbewussten.
Er ging offen auf seine eigenen Ängste, Abgründe und Dämonen zu. Auf seiner Schattenreise
besuchte er Orte, die wir meiden, verneinen oder verdrängen und bannte seine Visionen in seine
Kunst. In seinem Werk kommen die Abgründe und Gefahren unserer Zeit - damals und heute- in
einer Weise zum Ausdruck, dass auch wir Betrachter:innen sie nicht verleugnen können. Diese
dystopischen Urkräfte, diese destruktiven, mythologischen und archetypischen Dämonen, welche er
in seiner Kunst oftmals beklemmend und düster festhält, suchen uns scheinbar wieder und wieder
heim. Gigers Kunst hat nichts von ihrer Aktualität eingebüsst, seine Visionen werden vielmehr immer
deutlicher und beklemmender.
Giger selbst empfand seine Kunst dagegen als heilend. Er sah
in ihr ein wichtiges Instrument, um geistig gesund zu bleiben. In der Auseinandersetzung mit dem
Schatten fand er seine Heimat und seinen Frieden.
Biografie Hansruedi Giger
H.R. Giger - das bedeutet 40 Jahre phantastischer Kunst. Der Künstler wurde 1940 in Chur
(Schweiz) geboren. 1962 zog er nach Zürich, wo er Architektur und Industriedesign studierte. Neben
seinen surrealistischen Traumlandschaften ist er vor allem durch sein Design für Ridley Scotts Film
"Alien" bekannt geworden. Für seine Mitarbeit an diesem Film erhielt HR Giger 1980 einen Oscar in
der Kategorie "Best Achievement for Visual Effects". Im Laufe der Jahre folgten Filmprojekte wie
"Poltergeist II" und "Alien III", an deren Realisierung Giger maßgeblich beteiligt war. Für den MGM-
Film "Species" entwarf er eine außerirdische Schöne sowie eine phantastische Eisenbahn.
Gigers Entwürfe für Plattencover sind mehrfach ausgezeichnet worden. So wählte das Musikmagazin
"Rolling Stone" die Cover für Debbie Harrys LP "Koo Koo" und für Emerson, Lake and Palmers "Brain
Salad Surgery" unter die 100 besten der Musikgeschichte.
1998 erschien Gigers erster
illustrierter Roman "The Mystery of San Gottardo", eine Mischung aus Filmscript, Comicbook und
schwarzer Komödie. Im gleichen Jahr wurde das Museum HR Giger Chateau St. Germain im
schweizerischen Gruyéres eröffnet, mit Werken der 60er und 70er Jahre sowie den Filmdesigns zu
Alien I und III, Species und Poltergeist.
Durch einen tragischen häuslichen Unfall ist
Hansruedi (H.R) Giger am Montag den
12 Mai 2014 plötzlich und vollkommen unerwartet
verstorben.
Die Sammlung Czwikla
Die Ausstellung beruht im Kern auf der
Sammlung von Caren und Jörg Czwikla. Seit 1987 und über die Jahre stellten die Czwiklas eine
eindrucksvolle Sammlung zusammen, die einen Querschnitt der Entwicklung und Vielfältigkeit von
Gigers Kunst liefert.
Die Ausstellung in der Photobastei wird ergänzt durch Leihgaben aus
Zürcher Privatbesitz.
Medienkontakt:
Romano Zerbini
Verein
PhotoCreatives / Photobastei
Sihlquai 125
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