Zürich, 15. November 2022 – Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen
Technischen Hochschule (ETH) hat ihre Prognose für den Anstieg der Gesundheitsausgaben 2021
stark nach unten korrigiert. 2021 hatte sie in ihrer vom Online-Vergleichsportal comparis.ch
finanzierten «Prognose der schweizerischen Gesundheitsausgaben» noch ein Wachstum von 7,3
Prozent vorausgesagt. In der heute publizierten neuesten Ausgabe hat sie den Wert auf 4,4 Prozent
angepasst.
Für das laufende Jahr prognostiziert die KOF sogar eine Abflachung des
Wachstums auf 2,9 Prozent. Die Wachstumsrate wird danach voraussichtlich auf 3,6 Prozent im Jahr
2023 steigen und im Jahr 2024 bei 3,1 Prozent zu liegen kommen. Im Prognosezeitraum erwartet die
Forschungsstelle Gesundheitsausgaben in Höhe von 86,9 Milliarden Franken für 2021, 89,5
Milliarden für 2022, 92,7 Milliarden 2023 und 95,6 Milliarden für 2024.
Prämienanstieg
übertrifft Kostenanstieg deutlich
Für Comparis-Gesundheitsexperte Felix Schneuwly ist
die gegenüber dem Vorjahr stark zurückgenommene Prognose der KOF zwar mit Vorsicht zu
geniessen. «Angesichts des Fachkräftemangels, der Inflation und der politischen Forderungen nach
einer höheren Versorgungssicherheit könnte sich die Prognose im Nachhinein als zu optimistisch
erweisen», warnt er. Nichtsdestotrotz dürfte das Wachstum der Gesundheitskosten effektiv deutlich
unter dem aktuellen Anstieg bei den Grundversicherungsprämien liegen. Diese steigen 2023 im
Schnitt um 6,6 Prozent.
«Der Anstieg der Gesundheitsausgaben geht faktisch zurück. Die
Krankenkassen hätten die Corona-Kosten mit ihren Reserven decken und so den drastischen
Prämienanstieg von 6,6 Prozent für 2023 vermeiden können, wenn die Politik nicht zur Unzeit den
Reserveabbau erzwungen hätte», kommentiert er.
Zu schneller und zu massiver
Reserveabbau
Laut Schneuwly ist genau das eingetreten, wovor Comparis schon vor
einem Jahr gewarnt hat: «Diverse Kassen haben zu schnell und zu massiv ihre hohen
Reservebestände abgebaut.» Wie beim letzten grossen Reserveabbau in den 2010er-Jahren
kommen auch beim jüngsten Reserveabbau Kurseinbrüche an den Finanzmärkten dazu, die den
Spielraum für tiefe Prämien massiv einschränken.
Tatsächlich hat der Bundesrat laut
Schneuwly mit einer Verordnungsänderung im letzten Jahr den Druck auf die Versicherer erhöht,
Reserven abzubauen. «Viele Kassen haben dem Druck des BAG bei der Prämiengenehmigung
nachgegeben und mit weit unter den Kosten berechneten Prämien ihre Reserven zu stark abgebaut»,
ist Schneuwly überzeugt.
Angesichts der anhaltenden Verwerfungen an den Börsen und der
teils massiven Umschichtungen der Kundenbasis bei verschiedenen kleinen und mittleren
Krankenkassen weist Schneuwly auf die Gefahr unterjähriger Prämienerhöhungen im Verlauf des
kommenden Jahres hin. «Verzeichnet ein Versicherer sehr viele Neukunden, verschlechtert sich
seine Reservesituation schlagartig. Das könnte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) als
Aufsichtsbehörde dazu veranlassen, einzelne Versicherer zu zwingen, ihre Prämien schon vor der
nächsten ordentlichen Prämienrunde zu erhöhen», warnt der Comparis-Experte.
Comparis fordert das Ende der Prämiengenehmigung durch das BAG
Gemäss
Schneuwlys Beobachtung funktioniert der Wettbewerb unter den Krankenversicherern. Deshalb
könne sich kein Versicherer zu hohe Prämien erlauben. «Politische Eingriffe in die Reserven der
Krankenkassen haben dagegen bisher immer zu Prämienschocks geführt. Und Prämienschocks
haben immer massive Kundenwechsel bei den Krankenkassen bewirkt», so der Experte. Weil jede
Kasse für ihre Neukundschaft Reserven aufbauen müsse, könne ein starker Kundenzuwachs
wiederum die Solvenz der betroffenen Kassen gefährden.
«Es ist allerdings nicht die Aufgabe
des BAG, einzelne Kassen vor dem Konkurs zu schützen. Die Versicherten könnten bei einem
Konkurs die Kasse wechseln. Und die Gläubiger würden aus dem Insolvenzfonds der
Krankenversicherer entschädigt», so Schneuwly.
Er fordert deshalb den Verzicht auf die
Prämiengenehmigung durch das BAG: «Es reicht, wenn die Krankenkassen dem BAG die Prämien
fürs nächste Jahr mitteilen. Eine Prämiengenehmigung ist nicht nötig.»
Der Internet-
Vergleichsdienst comparis.ch finanziert die KOF-Prognosen der Gesundheitsausgaben. Da das
Bundesamt für Statistik die Gesundheitsausgaben erst mit zwei Jahren Rückstand publiziert, sind die
Prognosedaten der KOF auch im Hinblick auf die Entwicklung der Krankenkassenprämien besonders
wertvoll.
Link zur KOF-Gesundheitsprognose: https://kof.ethz.ch/prognosen-indikatoren/prognosen/kof-
gesundheitsausgabenprognose.html
Weitere Informationen:
Felix
Schneuwly
Krankenkassen-Experte
Telefon: 079 600 19 12
E-Mail: media@comparis.ch
comparis.ch