Am stärksten von der Teuerung betroffen sind kinderlose Paare unter 65 Jahren, Personen der
mittleren und höchsten Einkommensklasse sowie die italienischsprachige Schweiz. Für alle merklich
teurer geworden sind Schuhe und Kleider. «Besonders Frauen müssen hier überdurchschnittlich tief
ins Portemonnaie greifen», sagt Comparis-Finanzexperte Michael Kuhn. «Die Schweiz stemmt sich
nach wie vor erfolgreicher gegen eine massiv höhere Inflation als etwa in der Eurozone und in den
USA. Trotzdem drücken die hohen Kosten auch hierzulande zunehmend auf die Stimmung.»
Der Comparis-Konsumentenpreisindex in Zusammenarbeit mit der KOF
Konjunkturforschungsstelle der ETH misst die tatsächlich gefühlte Inflation der Konsumentinnen und
Konsumenten. Dazu wird ausschliesslich die Preisentwicklung von regelmässig konsumierten Gütern
betrachtet. Die Teuerungsrate wird um inflationsdämpfende Faktoren wie Mieten oder dauerhafte
Güter bereinigt.
Laut dem Comparis-Konsumentenpreisindex sind im September 2022 die
Preise für Alltagsgüter in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,8 Prozent gestiegen.
Im Vergleich dazu stieg der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) um 3,3 Prozent.
Erneute Preissenkung für Alltagsgüter
«Die gefühlte Inflation liegt auch im September
deutlich über den kürzlich erhöhten Teuerungsprognosen von 3 Prozent des Staatssekretariats für
Wirtschaft (Seco). Die massiv steigenden Krankenkassenprämien und Heizkosten bereiten Sorgen in
der Schweizer Bevölkerung», beobachtet Comparis-Finanzexperte Michael Kuhn. Trotzdem ist die
Teuerung in der Schweiz tiefer als in der Eurozone. Hier war die Inflationsrate im September mit 10
Prozent so hoch wie nie seit der Einführung des Euros im Jahr 1999.
Gegenüber August 2022
sind die Preise im Schweizer Warenkorb zudem gesunken, nämlich um 0,5 Prozent ( LIK Minus 0,2
Prozent). Von Juli auf August dieses Jahres waren die Kosten für Alltagsgüter schon um 0,7 Prozent
gesunken (LIK; plus 0,3 Prozent).
Stärkster Preisanstieg gegenüber Vormonat
Trotz der durchschnittlichen Preissenkung haben sich auch einige Güter deutlich verteuert: Am
stärksten gestiegen – mit 6,2 Prozent (Vormonat: plus 3,1 Prozent) – sind zwischen August und
September 2022 die Preise für Damenbekleidung. «Höhere Einkaufspreise, gestiegene
Transportkosten und teilweise gestörte Lieferketten aus Asien sind Gründe für höhere Textilpreise»,
erklärt Kuhn. «Bemerkenswert ist, dass sich die Preise für Frauen- und Herrenbekleidung trotzdem
unterschiedlich entwickeln, und Frauen deutlich tiefer ins Portemonnaie greifen müssen als
Männer.»
An zweiter Stelle folgen die Preise für Kinderbekleidung mit einem Plus von 5,5
Prozent (Vormonat: plus 4,7 Prozent). Auf Platz 3 folgt mit einem Plus von 3,5 Prozent Ersatzteile und
Zubehör für Personenwagen (Vormonat: minus 0,1 Prozent). Mit einem Plus von 3,4 Prozent ist der
Preisanstieg bei Herrenbekleidung ebenfalls deutlich (Vormonat: plus 3,4 Prozent).
Ebenfalls
unter den Top 5 der am stärksten verteuerten Güter sind die Preise für Kinderschuhe mit einer
Zunahme von 3,2 Prozent (Vormonat: plus 4,9 Prozent). Kuhn: «Die Preise für Schuhe haben sich im
Vergleich zum Vormonat generell erhöht. Trotzdem sind Schuhe für Erwachsene wie für Kinder in der
Langzeitbetrachtung nach wie vor günstig.»
Preise für Heizenergie erstmals gesunken
Mit einem Minus von 2,7 Prozent (Vormonat plus 2,4 Prozent) sind erstmals seit der
Einführung des Konsumentenpreisindexes die Preise für Energie zum Heizen (Gas, Heizöl,
Brennholz und Fernwärme) gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat betrug der Preisanstieg
jedoch 55 Prozent und seit Mai 2000 sogar 179 Prozent. «Die hohen Preise für Heizenergie, zum
Beispiel auch für Holzpellets, belasten die Portemonnaies der Schweizerinnen und Schweizern
massiv», sagt Kuhn. Tatsächlich machten die Ausgaben für Energie vor den massiven
Preissteigerungen 2022 im Durchschnitt und je nach Quelle bzw. Berechnungsgrundlage 1,4 bis 5
Prozent der Haushaltsausgaben aus.
Die Preise für Elektrizität blieben seit August stabil.
Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich der Strom um 2,4 Prozent verteuert, seit Mai 2000 um 16
Prozent.
Am teuersten blieb das Leben im letzten Jahr für Paare unter 65 Jahren ohne
Kinder
Die höchste Teuerung erlebten in den letzten 12 Monaten Paare unter 65 Jahren
ohne Kinder. Sie fühlen aktuell eine Teuerungsrate von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Allerdings wurde für sie das Leben im September verglichen mit dem Vormonat mit einem Minus von
0,6 Prozent günstiger. Zugeordnet nach Einkommen war die Teuerung bei Paaren unter 65 Jahren
ohne Kinder in der tiefsten Einkommensklasse mit 4,4 Prozent deutlich am höchsten.
Rein
rechnerisch spüren nach Haushaltstyp Einelternhausthalte mit Kindern die Teuerung prozentual am
wenigsten. Mit einem Indexstand von 104,6 hat die gefühlte Teuerung bei ihnen in den letzten 12
Monaten 3,5 Prozent betragen. Verglichen mit dem August sanken die Kosten jedoch um 0,3 Prozent.
«Während Paare ohne Kinder in der Regel mehr Geld zur Verfügung haben, um in grösseren
Wohnungen zu leben sowie um shoppen und reisen zu gehen, fehlt Alleinerziehenden dieses Geld
oft. Sie spüren die Teuerung weniger, da sie sich die vom Preisanstieg betroffenen Güter und
Dienstleistungen ohnehin nicht leisten können», so Kuhn.
Aufgesplittet nach Einkommen
erleben die mittlere sowie die höchste Einkommensklasse mit jeweils 3 Prozent die deutlichste
Teuerung in den letzten 12 Monaten. Allerdings hat auch hier die Teuerung im Vergleich zum August
abgenommen (minus 0,5 bzw. minus 0,6 Prozent). Für die tiefste Einkommensklasse betrug die
Teuerung im Jahresvergleich 3,7 Prozent (minus 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat).
Die tiefste Teuerung nach Haushaltstyp und Einkommensklasse verzeichneten
Einpersonenhaushalte unter 65 Jahren in der tiefsten bis mittleren Einkommensklasse. Bei ihnen
stiegen die Preise um 3,6 Prozent. «Einpersonenhaushalte sind wegen durchschnittlich kleinerer
Wohnungen im Vergleich weniger von steigenden Energiekosten betroffen. Zudem konsumieren
Menschen mit tiefen bis mittleren Einkommen weniger Produkte und Dienstleistungen, deren Kosten
stark angestiegen sind», sagt Kuhn.
Stärkste Zunahme seit dem Jahr 2000
Seit Mai 2000 haben die Preise für Heizenergie um 179 Prozent zugenommen. Zigaretten sind 96
Prozent teurer geworden. Die Kosten für finanzielle Dienstleistungen haben um 95 Prozent zugelegt.
Andere Tabakwaren kosten heute 76 Prozent mehr. Und Zeitungen und Zeitschriften haben sich um
75 Prozent verteuert.
Bei den Produkten, die sich von August bis September 2022 am
stärksten verteuert haben, war die Entwicklung seit 2000 wie folgt: Die Preise für Damenbekleidung
stiegen um 5 Prozent. Kinderbekleidung verteuerte sich um 1 Prozent. Ersatzteile und Zubehör für
Personenwagen kosten heute 1 Prozent weniger. Die Kosten für Herrenbekleidung blieben in der
Langzeitbetrachtung stabil und Kinderschuhe wurden um 19 Prozent billiger.
Italienische
Schweiz leidet am meisten
Nach Regionen unterteilt, spürt die italienische Schweiz die
Teuerung nach wie vor am stärksten. Das Tessin hat den höchsten Indexstand mit 105,4 – also die
gefühlt grösste Last im Land (Deutschschweiz und französische Schweiz jeweils 105,1). Prozentual
wurden die Alltagsgüter zwischen September 2021 und September 2022 im Tessin um 4,1 Prozent
teurer und damit mehr als in der Romandie (plus 3,9 Prozent) und in der Deutschschweiz (plus 3,8
Prozent).
Manches wurde viel billiger
Obwohl es den Anschein macht, dass
aktuell das Leben teurer wird, täuscht der Eindruck teilweise. Verschiedene Dinge des alltäglichen
Gebrauchs wurden zwischen Mai 2000 und August 2022 sogar massiv billiger. Allen voran sind es
Medikamente mit einer durchschnittlichen Verbilligung von 43 Prozent.
Auch Speichermedien
und Inhalte wurden 40 Prozent günstiger. Kleine elektronische Haushaltsgeräte bekommen
Konsumentinnen und Konsumenten heute 36 Prozent billiger. Elektrische Geräte für die Körperpflege
wurden 29 Prozent billiger (bis Vormonat: minus 28 Prozent). Und Telekommunikation wurde 29
Prozent günstiger.
Die Preise für die Güter des täglichen Gebrauchs haben sich im
Langzeitvergleich unterschiedlich entwickelt: Brot, Mehl und Getreideprodukte wurden seit dem Jahr
2000 rund 6 Prozent teurer (bis Vormonat: plus 5 Prozent); Früchte, Gemüse, Kartoffeln und Pilze 8
Prozent. Die Preise für Fleisch und Fleischwaren stiegen um 19 Prozent.
Toilettenartikel
dagegen wurden 15 Prozent günstiger. Spitalleistungen kosten heute 7 Prozent mehr. Für Elektrizität
bezahlen Konsumentinnen und Konsumenten hierzulande 16 Prozent mehr (bis Vormonat: plus 15
Prozent).
Comparis-Konsumentenpreisindex
Der Landesindex der
Konsumentenpreise (LIK) misst Preisveränderungen anhand eines repräsentativen Warenkorbs von
rund 1'050 Waren und Dienstleistungen. Eine anhaltende Abnahme des Geldwertes bzw. eine
Erhöhung des durchschnittlichen Preisniveaus bezeichnet dabei die Inflation. Der LIK umfasst 12
Hauptkategorien, darunter auch langfristige Investitionen und Wohnungsmieten. Grosse
Ausgabenposten, wie etwa die Prämien für die Sozialversicherungen oder die direkten Steuern, sind
demgegenüber nicht erfasst. Der LIK widerspiegelt somit nicht die tatsächlich gefühlte Teuerung der
Konsumentinnen und Konsumenten.
Der Comparis-Konsumentenpreisindex in
Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH bildet die gefühlte Inflation ab,
indem er die LIK-Daten um Mieten und dauerhafte Güter wie Personenwagen und Möbel bereinigt.
Zudem werden explizit einzelne Haushaltsgruppen, Einkommensklassen und Sprachregionen
berücksichtigt.
Die Datengrundlage besteht aus dem Landesindex der Konsumentenpreise
(LIK) sowie der Haushaltsbudgeterhebung (HABE). Die Gewichtungen für die neuen Preisindizes
werden aus der HABE konstruiert. Danach werden verkettete Laspeyres-Indizes mit den Preisreihen
des LIK berechnet. Die Indexbasis ist Dezember 2017 (entspricht 100 Prozent).
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