Zeitungen, Radio und Fernsehen verlieren zunehmend ihr Publikum - so weit, so bekannt. Doch
gleichzeitig ist im Mediensektor auch viel Neues entstanden. Online-Plattformen verzeichnen stetig
wachsende Zugriffszahlen, die traditionellen Verlage haben sich zu multimedialen Organisationen
gewandelt, und Medien-Startups wurden gegründet. Auf aggregierter Ebene gibt es heute deutlich
mehr Medienschaffende als noch vor zwanzig Jahren.
Steter Ausbau der
Medienförderung
Derweil hat sich bei der Medienpolitik kaum etwas geändert. Nur der
Umfang der bestehenden Medienförderung hat zugenommen. Seit der Jahrtausendwende sind die
Subventionen für den Mediensektor um über 20% auf 1,5 Mrd. Fr. gestiegen. Diese Gelder
finanzieren überwiegend medienpolitische Instrumente, die aus der Zeit gefallen und wenig
zielgerichtet sind.
Die heutige Medienförderung führt damit zu ungewünschten
Nebeneffekten. So kommt es etwa zu Wettbewerbsverzerrungen: Private Medien werden verdrängt,
worunter die Medienvielfalt leidet. In der kurzen Frist lassen sich solche Probleme mindern.
Langfristig braucht es aber eine neue Medienordnung, in der Marktversagen gezielt angegangen
werden.
Kurzfristig: Problematische Nebeneffekte reduzieren
Prinzipiell gilt:
Die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Medien in der Schweiz sind gut. Problematisch sind
aber gewisse Aktivitäten von (teil-)staatlichen Firmen wie der Post sowie Eingriffe auf kommunaler
und kantonaler Ebene. Dabei wird manchmal die Publizistik gefährlich nahe an die Politik gerückt
sowie der Wettbewerb verzerrt.
Der Elefant in der heutigen Medienordnung ist derweil die
SRG. Sie erhält jährlich gut 1,2 Mrd. Fr. Das entspricht über 80% der gesamten Schweizer
Medienförderung. Sie ist damit das zentrale Element des medialen Service public. Das heutige
Preis-/Angebots-Bündel des Grundversorgungsauftrags passt jedoch nicht mehr in die digitale Welt.
Der Auftrag muss entsprechend neu ausgesteckt werden:
- Angebot:
Fokussierung des Leistungsauftrags der SRG auf Medieninhalte, die Private nicht anbieten und die
für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft relevant sind. Mit der Angebotsschärfung
sollte auch ein verbindlicher Ertragspfad für die SRG eingeführt werden.
- Preis: Das alte
Gebührenmodell wurde 2019 durch ein Abgabenmodell ersetzt, das einer Zwecksteuer gleichkommt.
Um die Pflichtabgaben zu reduzieren und die Wettbewerbsverzerrungen der SRG zu mindern, bietet
sich ein neues "Gebührenmodell 2.0" an.
Langfristig: Marktversagen gezielt
angehen
Die kurzfristigen Massnahmen können nicht alle Defizite des veralteten
Gesamtsystems beseitigen. Daher schlagen die Autoren der Studie auch grundlegende Reformen
vor:
- Stärkung der Kontrollfunktion über Projekte oder Personen: Ein
allfälliges Marktversagen bei der Schaffung von neuem Wissen (u.a. im Bereich des investigativen
Journalismus) könnte nach Vorbild der Grundlagenforschung über eine Projekt- oder
Subjektförderungen adressiert werden. In der Studie werden verschiedene Ideen erarbeitet und
diskutiert.
- Ergänzung des Medienangebots über einen Public Content Provider mit
Lizenzauktion: Eine Weiterentwicklung der SRG sollte langfristig in die Richtung eines Public Content
Providers führen. Dabei würden anhand eines Leistungsauftrags gesellschaftlich relevante
Medieninhalte produziert, die der Markt nicht herstellt. Im Gegensatz zu heute würden die
Medieninhalte aber nicht von der SRG selbst ausgespielt, sondern an private Medienorganisationen
auf Programmstufe auktioniert werden. Was in der Theorie abstrakt klingt, wird in der Studie anhand
eines Szenarios beispielhaft dargestellt.
Eine solche Reform der Medienordnung hätte
diverse Vorteile. Die Medienförderung könnte sowohl zielgerichteter als auch effizienter erfolgen. Die
Technologieneutralität wäre gewährleistet und die Verzerrungen des Wettbewerbs würden im
Gegensatz zu heute geringer ausfallen, womit die Medienvielfalt weniger gefährdet wäre. Für Jürg
Müller, Co-Autor der Studie, ist deshalb klar: "Die Schweizer Medienpolitik ist aus der Zeit gefallen.
Es braucht neue Ansätze, um die Versorgung mit demokratiepolitisch relevanten Medieninhalten
sicherzustellen".
Pressekontakt:
Jürg
Müller (+41 44 445 90 13, juerg.mueller@avenir-suisse.ch)
Basil Ammann (+41 44 445 90 05, basil.ammann@avenir-
suisse.ch)