Zuerst Nachtblindheit und Tunnelblick, dann Verlust von Kontrasten und Farben, am Ende im
schlimmsten Fall eine völlige Erblindung: Dies ist der typische Verlauf von Retinitis pigmentosa, einer
erblich bedingten Erkrankung der Netzhaut, von der in der Schweiz etwa einer von 3000 Menschen
betroffen ist. Bei ihnen verkümmern zunächst die Stäbchen, die für das Hell-Dunkel-Sehen
verantwortlich sind, danach die Zapfen, die das Sehen von Farben ermöglichen.
"Wie die
Degeneration im späteren Stadium abläuft, weiss man sehr gut. Aber die auslösenden molekularen
Mechanismen kennen wir noch nicht", sagt Christian Grimm, Leiter des Labors für retinale
Zellbiologie der Universität Zürich. Eine vom SNF finanzierte Studie seiner Forschungsgruppe hat
nun mit einer innovativen Technik analysiert, welche Gene in den Sehzellen ganz am Anfang des
Absterbeprozesses aktiv sind. Das Ziel: eine Behandlung zu finden, welche die Netzhaut vor dem
Zerfall rettet.
Für ihre Untersuchung griffen die Forschenden auf Mäuse zurück, die aufgrund
eines natürlichen Gendefekts eine Retinitis pigmentosa entwickeln, die wie die menschliche Krankheit
verläuft. Aus der Netzhaut dieser Tiere isolierten sie fast 20'000 Stäbchen- und Zapfenzellen. Für jede
einzelne dieser Sehzellen ermittelten sie dann, in welcher Phase der Degeneration sie sich befand
und welche genetischen Baupläne zu diesem Zeitpunkt abgelesen wurden - diese Methode erlaubt
Rückschlüsse darauf, welche Arten von Proteinen eine Zelle gerade in welchen Mengen produziert.
Durch den Vergleich von gesunden mit bereits erkrankten Sehzellen konnten sie so über 200
Proteine identifizieren, die vor allem im frühen Stadium der Krankheit hergestellt werden.
Hilft
das Gen oder zerstört es?
Zu Beginn der Degeneration wurde in den Stäbchen ein Gen
namens EGR1 besonders oft abgelesen, das den Bauplan für das Protein Egr-1 enthält. Von diesem
Protein ist bekannt, dass es die Aktivität vieler weiterer Gene kontrolliert. Kurz vor dem Zelltod wird
das Gen in den Stäbchen nicht mehr abgelesen, dafür aber in den Zapfen, woraufhin auch diese
beginnen abzusterben.
Das Forschungsteam vermutet deshalb, dass das Protein Egr-1 beim
Degenerationsprozess eine massgebliche Rolle spielt. "Wir wissen allerdings nicht, ob das Protein
versucht, den Sehzellen beim Überleben zu helfen oder ob es den Absterbeprozess beschleunigt", so
Grimm. Dies soll nun ein Folgeprojekt klären, bei dem das EGR1-Gen einmal ausgeschaltet und
einmal überaktiviert wird. Im besten Fall lässt sich aus diesen Resultaten ein Ansatzpunkt für neue
Therapien entwickeln.
Denn obwohl es durch neuartige Gentherapien in den letzten Jahren
viele Erfolge bei der Behandlung von erblichen Augenkrankheiten gab, auch von einer bestimmen
Form von Retinitis pigmentosa, ist das Problem noch lange nicht gelöst. "Es gibt über 250
verschiedene Mutationen, die zu Erblindung führen, und für alle eine Gentherapie zu entwickeln,
wäre viel zu teuer", sagt Grimm. "Deshalb versuchen wir jetzt etwas zu finden, das grundlegend
gegen verschiedene Formen der Erblindung helfen kann."
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Der Text
dieser News und weitere Informationen stehen auf der Website des
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.
Pressekontakt:
Christian Grimm
Departement Ophthalmology
USZ Universität
Zürich
Wagistrasse 14
8952 Schlieren
Tel.: +41 43 253 30 01
E-Mail: cgrimm@opht.uzh.ch