Die vom Genfer Staatsrat vorgeschlagene und vom Grossen Rat genehmigte Gesetzesänderung
begrenzt den Anteil an Temporärarbeitenden auf öffentlichen Baustellen auf 20% und führt Quoten für
kleinere Aufträge ein. Diese Massnahme wirkt sich direkt auf die Interessen der Personalvermittler
und darüber hinaus auch auf zahlreiche Genfer Unternehmen aus, die im öffentlichen
Beschaffungswesen tätig sind. Für swissstaffing ist jede staatliche Massnahme, die darauf abzielt, die
Temporärarbeit einzuschränken, unzulässig, insbesondere wenn es sich um eine wirtschaftspolitische
Massnahme handelt, die dem in Artikel 27 der Bundesverfassung garantierten Grundsatz der
Wirtschaftsfreiheit zuwiderläuft.
Massnahmen gegen die Wirtschaftsfreiheit
Alle
früheren gesetzlichen Versuche, die Temporärarbeit im öffentlichen Beschaffungswesen in den
Kantonen Genf oder Tessin zu beschränken, wurden von den Gerichten als nicht rechtskonform
abgewiesen. Der Staatsrat des Kantons Genf hatte eine solche Beschränkung bereits 2017 in einem
Entwurf zur Änderung des Reglements über das öffentliche Beschaffungswesen vorgeschlagen.
Nach der Beschwerde von swissstaffing hatte die Genfer Verfassungskammer die strittigen
Bestimmungen für nichtig erklärt.
Das neue Genfer Gesetz verbietet die Temporärarbeit
zwar nicht vollständig. Es verfolgt jedoch eindeutig die Absicht, Unternehmen dazu zu bewegen, auf
dieses Geschäftsmodell zu verzichten. Dies hat zur Folge, dass den Arbeitnehmenden die Freiheit
genommen wird, zwischen einer befristeten und einer festen Anstellung zu wählen. Was die Genfer
Unternehmen betrifft, stellen solch einschneidende Massnahmen zweifellos eine Einschränkung der
freien Wahl ihrer Produktionsmittel dar und zwingen sie, auf diese Form der wirtschaftlichen
Organisation zu verzichten. Diese den Bewerbern auferlegten Beschränkungen führen auch zu einer
Ungleichbehandlung der Unternehmen und zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen direkten
Konkurrenten.
Temporärarbeit ist für kleine und mittlere Unternehmen, die sich um
öffentliche Aufträge bewerben wollen, eine wichtige Stütze. Sie können dadurch besser auf
Auftragsschwankungen reagieren und ihre Belegschaft entsprechend anpassen. Wenn die
Temporärarbeit beschränkt wird, besteht die Gefahr, dass Unternehmen auf flexible Arbeitsformen mit
geringerer sozialer Absicherung und begrenzten Kontrollen ausweichen - wie Schwarzarbeit oder die
Entsendung von ausländischen Arbeitskräften in die Schweiz.
Temporärarbeit - eine stark
regulierte Tätigkeit, die das Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Schutz sicherstellt
Die
Temporärarbeit als Ganzes unterliegt dem Gesetz über die Arbeitsvermittlung (AVG) und seit dem 1.
Januar 2012 dem als allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih (GAV PV).
Dank dem GAV PV profitieren Temporärarbeitende von Mindeststandards bezüglich ihrer Lohn- und
Arbeitsbedingungen, die regelmässig von den paritätischen Vollzugsorganen (tempcontrol) kontrolliert
werden. Ausserdem schreibt der GAV PV grosszügige Regelungen in den Bereichen Weiterbildung,
Krankentaggeldversicherung und berufliche Vorsorge vor.
Bei Temporäreinsätzen herrschen
keine prekären Arbeitsverhältnisse vor. Es handelt sich dabei um eine eigene Kategorie von
Arbeitsverhältnissen, die vom Gesetzgeber gewollt und im Interesse von Arbeitgebern,
Personalverleihern und Temporärarbeitenden durch das verfassungsmässige Recht auf
Wirtschaftsfreiheit geschützt ist. Das Gesetz und der GAV PV, welche die Temporärarbeit regeln,
garantieren eine starke soziale Sicherheit. In den Augen von swissstaffing gibt es keine
Rechtfertigung für das Eingreifen des Kantons in die Bereiche Personalverleih und öffentliches
Beschaffungswesen. Auf dieser Grundlage wurde beschlossen, bei der Verfassungskammer des
Kantons Genf gegen das Gesetz Beschwerde einzulegen.
Pressekontakt:
Leif Agnéus
Präsident
swissstaffing
leif.agneus@swissstaffing.ch
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