Der Bericht enthält konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der künftigen
Entscheidungsfindung in Bezug auf den Tiefseebergbau (zu Englisch «Deep-sea mining» oder DSM).
Hauptautor ist Cyrill Martin, Jurist und Ocean Policy Experte bei OceanCare. Seine Co-Autoren sind
die Meeresbiologin und Expertin für marinen Unterwasserlärm Dr. Lindy Weilgart, Dr. Diva Amon, eine
Tiefseeexpertin und Dr. Johannes Müller, Ocean Policy Experte bei OceanCare.
Tiefseebergbau und Unterwasserlärm
Während sich die Debatte um DSM in erster Linie
auf die Zerstörung des Meeresbodens und auf die Sedimentfahnen konzentriert hat, ist eine andere
wichtige und schädliche Auswirkung des Tiefseebergbaus erst vor kurzem deutlicher in den Fokus
gerückt: der Unterwasserlärm.
"Unterwasserlärm bedroht das Leben im Meer", sagt Cyrill
Martin, Ocean Policy Experte bei der Nichtregierungsorganisation (NGO) OceanCare, die sich für den
Schutz der Meerestiere einsetzt. «Wenn der Tiefseebergbau ohne weitere Forschung und
Regulierung zugelassen wird, würden über Jahrzehnte hinweg konstant hohe Lärmpegel emittiert»,
fügt er hinzu. Die Lärmverschmutzung unter Wasser ist eines der zentralen Themen von OceanCare.
OceanCare hat seit fast zwei Jahrzehnten Fachwissen über die Lärmverschmutzung unter Wasser
aufgebaut und sich mit Kampagnen und gezielter politischer Arbeit gegen Unterwasserlärm
eingesetzt.
Unterwasserlärm wird in allen Phasen des Tiefseebergbaus erzeugt. Die
beiliegende Darstellung zeigt die wichtigsten Quellen, von denen einige nur vorübergehend auftreten,
während andere über Jahre bis zu Jahrzehnten hinweg nahezu konstant sind.
Lärm breitet
sich unter Wasser schnell und sehr effizient aus, fast mit der fünffachen Geschwindigkeit des Schalls
in der Luft. Niedrige Frequenzen können unter bestimmten Bedingungen über Tausende von
Kilometern im Ozean gehört werden. In einer Tiefe von etwa 800 bis 1000 Metern in den gemäßigten
Zonen kann sich der Schall über den SOFAR-Kanal (Sound Fixing and Ranging) fast ungehindert
ausbreiten - ähnlich wie Licht, das durch ein Glasfaserkabel geleitet wird.
Durch die
kommerzielle Schifffahrt, die Öl- und Gasexploration, militärische Aktivitäten und die Bautätigkeit hat
der Lärmpegel im Meer zugenommen. «Seit den 1960er Jahren hat sich der vom Menschen
verursachte Lärmpegel in einigen Regionen in jedem Jahrzehnt verdoppelt,» sagt Cyrill Martin. «Der
Tiefseebergbau würde die Lärmbelastung auf ein ganz neues Niveau heben, da in der gesamten,
sehr tiefen Wassersäule dann starke Lärmquellen existieren und die Lärmemissionen sehr lange
anhalten."
Doch wie laut ist der Tiefseebergbau eigentlich? Zwar ist es aufgrund der
unterschiedlichen Dichte von Luft und Wasser schwierig, die Lärmpegel und ihre potenziellen
Auswirkungen an Land und unter Wasser zu vergleichen, aber einige grobe Vergleiche zeigen, wie
laut die Schallemissionen des Tiefseebergbaus sein würden. Umgerechnet in Dezibel in der Luft sind
viele Quellen des Tiefseebergbaus, wie Sonare, Schiffe, Baggern und Bohrungen, mehrere hundert
Mal lauter als der Start einer Weltraumrakete. Auch wenn der Vergleich nicht zu 100% stimmt, ist klar,
dass der Lärm des Tiefseebergbaus eine ernsthafte Bedrohung darstellt.
«Rund 150
Meeresarten sind nachweislich durch Lärm beeinträchtigt, so dass kein Zweifel mehr daran besteht,
dass Unterwasserlärm eine schädliche und ernstzunehmende Verschmutzung darstellt,» sagt Lindy
Weilgart, Meeresbiologin an der Dalhousie University, Kanada, und OceanCare-Beraterin. «Es wäre
absolut unverantwortlich, eine weitere Quelle von konstantem und starkem Lärm hinzuzufügen, ohne
die Auswirkungen weiter zu erforschen und ohne erhebliche Anstrengungen zur Reduzierung des
Lärms zu unternehmen.»
Wir wissen weniger über die Tiefsee als über die Oberfläche des
Mondes. Wenn wir dieses empfindliche Ökosystem zerstören, bevor wir seinen vollen Wert
verstehen, könnten wir das noch Jahrzehnte später bereuen.
Was getan werden muss
1) OceanCare empfiehlt, bei der Schaffung von Regularien das Vorsorgeprinzip zu befolgen und
Lärmemissionen zu beschränken, bis eine solide wissenschaftliche Grundlage vorliegt, die zeigt,
dass die Lärmemissionen aus dem Tiefseebergbau die Meere und Lebewesen nicht wesentlich
schädigen.
2) Es muss eine solide wissenschaftliche Grundlage geschaffen werden, die alle
relevanten Aspekte und potenziell schädlichen Auswirkungen der Lärmverschmutzung durch den
Tiefseebergbau abdeckt.
3) Politische Maßnahmen sollen verabschiedet werden,
einschließlich eines Moratoriums bei der Ausarbeitung des Mining Code und der
Umweltschutzvorschriften und Leitlinien durch die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA), die
Regulierungsbehörde für den internationalen Meeresboden, bis zuverlässige Daten über die
Lärmemissionen des Tiefseebergbaus vorliegen. In den Vorschriften sollte unter anderem festgelegt
werden, dass der Unterwasserlärm in den Bergbaugebieten und ihrer Umgebung auf einem Niveau
liegen sollte, das die Meeresumwelt nachweislich nicht beeinträchtigt.
Kontakte
Cyrill
Martin
Ocean Policy Expert and Lead Deep-Sea Mining
M: +41 (0) 76 560 86 60
cmartin@oceancare.org
Nicolas
Entrup
Co-Director International Relations
M: +43 660 211 99 63
nentrup@oceancare.org