Schmerzhafter Gesamtschaden
Bedingt durch die Pandemie mussten Schweizer
Spitäler und Kliniken im Berichtsjahr 2020 einen finanziellen Gesamtschaden (vor Kantonsbeiträgen)
von 1.3 Mrd. CHF bis 1.5 Mrd. CHF hinnehmen. Die Leistungserbringer gerieten ertragsseitig stark
unter Druck. Die Akutsomatik verzeichnete durch das Verbot der elektiven Eingriffe im Frühjahr 2020
einen starken Umsatzrückgang. Besonders ausgeprägt war dieser im stationären Bereich mit
Umsatzeinbussen gegenüber dem Vorjahr von minus 4.2%. Im ambulanten Bereich fiel der Rückgang
mit minus 0.5% deutlich weniger stark aus. In den Psychiatrien lagen die Umsätze nur leicht unter
dem Vorjahresniveau, während der Umsatz in der Rehabilitation deutlich zurückging.
Profitabilität eingebrochen
Die EBITDAR-Marge der Akutspitäler fiel gegenüber 7.0% im
Vorjahr auf 5.3% in 2020. Damit lag sie deutlich unterhalb des von PwC definierten Mindestwerts von
10% und auf dem tiefsten Stand der letzten fünf Jahre. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den EBITDA-,
EBIT- und Reingewinnmargen 2020. Nur 28% der untersuchten Akutspitäler wiesen für 2020 ein
positives Jahresergebnis aus; für 2019 waren es noch 60%. COVID-19 hat klargestellt: Finanzielle
Zielwerte und eine ausreichende Ertragskraft in normalen Jahren sind zentral, um Reserven für
schwierige Jahre aufzubauen und Krisen eigenständig zu meistern. Schweizer Spitäler sollten aus
eigener Ertragskraft überlebensfähig sein.
Nachholbedarf in der Digitalisierung
Die Pandemie hat die Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens beschleunigt. Mit dem
digitalen COVID-Zertifikat hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen wichtigen Meilenstein
gesetzt. Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) wertet die
kurzfristig entwickelten digitalen Instrumente zur Pandemiebekämpfung als Quantensprung in der
digitalen Transformation der Gesundheitsbranche. Gleichzeitig sieht er grossen Nachholbedarf, etwa
beim elektronischen Patientendossier.
Zusatzversicherungsmarkt in Bewegung
Die
Leistungsträger müssen zeitnah Mehrleistungskonzepte erarbeiten, um ihre innovativen Leistungen
verständlich zu beschreiben. In der Studie spricht Philomena Colatrella, CEO der CSS-
Versicherungen, über das Potenzial von flexiblen und dynamischen Versicherungsprodukten mit
einem starken Fokus auf die Behandlungsqualität.
Tarifsysteme der Zukunft
Ausgehend von der Historie der Tariflandschaft Schweiz denken die Autoren über das ambulante
Tarifsystem der Zukunft nach. Seit einem knappen Jahrzehnt rechnen die Leistungserbringer im
stationären Bereich über Fallpauschalen nach «Diagnosis Related Groups» (DRG) ab. Im Interview
spricht Dr. med. Simon Hölzer, CEO der SwissDRG AG, der gezielten Weiterentwicklung der DRG-
Kataloge ein grosses Entwicklungspotenzial zu. Die Experten sind sich einig, dass ein Tarifsystem der
Zukunft Fehlanreize zwischen ambulanten und stationären Eingriffen eliminieren und mit ambulanten
Pauschalen die Durchlässigkeit von stationär und ambulant sicherstellen muss.
Eine
Initiative im Namen der Betroffenen
Mit der Patient Empowerment Initiative wollen zwei
Versicherer und zwei Spitäler einen Meilenstein in Richtung qualitätsorientierter Vergütung setzen.
Sie wollen in einem Pilotprojekt einen Anreiz setzen, Patientinnen und Patienten zu befähigen,
faktenbasiert und damit gezielter zu entscheiden. Denn der vorherrschende Mengenwettbewerb im
Schweizer Gesundheitswesen schafft Fehlanreize, wonach Behandlungsentscheidungen für die
Betroffenen nicht immer optimal und im schlimmsten Fall schädlich sind. Das angestrebte Tarifsystem
der Patient Empowerment Initiative stellt die Qualität und den Nutzen von Behandlungen ins Zentrum
und will Über- oder Fehlversorgung reduzieren. Dabei übernehmen betroffene Personen eine aktivere
Rolle in der Entscheidungsfindung ihrer Behandlung.
Über die Studie
Die
Studie «Schweizer Spitäler: Einblick in die Finanzen 2020» von PwC Schweiz entstand im September
2021 auf der Basis der Geschäftsberichte von 45 Akutspitälern und 13 Psychiatrien. Für einen
vertieften Einblick in die Praxis enthält die Studie diverse Interviews mit Branchenvertretenden und
Exkurse zu Spezialthemen.
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