Covid-19, Chipmangel, politische Machtumbrüche und Naturkatastrophen – die disruptiven
Herausforderungen für die Wirtschaft reissen auch nach 17 Monaten Dauerzustand Pandemie
nicht ab. Ganz im Gegenteil: Unternehmen aller Sektoren – von Automotive, Financial Services
bis hin zu Luftfahrt und Technologie – sehen sich sowohl mit brancheninternen als auch
-übergreifenden Veränderungen konfrontiert. Disruption hat sich, nicht zuletzt bedingt durch den
Brandbeschleuniger Covid-19, zur grössten strategischen Zukunftsherausforderung für
Gesellschaft und Wirtschaft entwickelt, die in ihrer Intensität und Reichweite auch in den
kommenden Jahren zunehmen wird. Doch Schweizer Unternehmen sind darauf nur
unzureichend vorbereitet: Lediglich knapp 30 Prozent der hiesigen Führungskräfte sehen sich in
der Lage, etwaige disruptive Störungen rechtzeitig zu erkennen.
Das sind die zentralen
Erkenntnisse aus dem diesjährigen „AlixPartners Disruption Index 2021“. Die global agierende
Beratung befragt jährlich die Einstellung internationaler Führungskräfte zu den disruptiven
Einflüssen auf die wirtschaftliche Situation von Unternehmen.
Beatrix Morath, Schweiz-
Chefin bei AlixPartners, sagt: „Unternehmen benötigen in Zukunft mehr denn je eine klare
Strategie, um negative disruptive Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Der Index zeigt,
dass neue Technologien und eine schnelle Anpassung an veränderte Strukturen und
Arbeitsweisen in den vergangenen Monaten die vorherrschenden Reaktionen auf den Wandel
waren. Flexibilität, Agilität und ein krisenresistentes Risikomanagement werden die
entscheidenden Faktoren der Zukunft sein.“
Ungenügende Vorbereitung auf den Wandel
Denn auch wenn die Unternehmen im Durchschnitt das Gefühl haben, relativ gut durch
die Krise gekommen zu sein, scheinen nur die wenigsten auf beständig zunehmende
Herausforderungen wie Wettbewerb, Technologie, KI und Regulierung vorbereitet zu sein. Vor
allem Schweizer Unternehmen reagieren im internationalen Vergleich eher zurückhaltend: Nur
30 Prozent der hiesigen Führungskräfte sehen sich und ihre Unternehmen in notwendigem Mass
auf die disruptiven Kräfte von morgen vorbereitet, im Vergleich zu grossen Wirtschaftsnationen
wie China und den USA, die mit jeweils 50 Prozent und 48 Prozent künftigen Herausforderungen
deutlich zuversichtlicher entgegenblicken.
Auch bei den für die Bewältigung der
zukünftigen disruptiven Herausforderungen notwendigen Schritten herrscht Skepsis: Obwohl sich
die Schweiz in der Vergangenheit vergleichsweise gut durch (globale) Krisen manövriert hat, sind
nur 45 Prozent der befragten Führungskräfte davon überzeugt, dass ihr Unternehmen auch
tatsächlich die notwendigen Schritte eingeleitet hat, um auf den bevorstehenden wirtschaftlichen
Wandel zu reagieren. Insbesondere gilt das für Schweizer Manager Im Vergleich zu ihren
Kollegen aus dem mittleren Management (39 Prozent) blickt die oberste Führungsspitze mit rund
57 Prozent eher besorgt in die Zukunft. Dies gilt auch für den Bereich Jobsicherheit: Geben 44
Prozent der insgesamt Befragten an, dass sie durch Disruption um die Sicherheit ihres
Arbeitsplatzes besorgt sind, so sind es auf C-Level zehn Prozent mehr.
Corona als
zentraler disruptiver Treiber, aber nicht alleinige Ursache
Auch wenn die Corona-Krise
nicht als alleiniger Hauptfaktor für den fortschreitenden disruptiven Wandel der globalen
Wirtschaft angesehen werden kann, sind mit 48 Prozent knapp die Hälfte der Schweizer
Unternehmen davon überzeugt, dass die Pandemie diesen zumindest in signifikantem Masse
beschleunigt hat. Dennoch sind die Pandemie und ihre direkten Auswirkungen dabei nicht der
alleinige Treiber: Im direkten Vergleich mit dem Einfluss von weiteren potenziellen
Disruptionsfaktoren schafft es die Corona-Krise mit 29 Prozent der Befragten, die ihr einen ‚sehr
starken‘ oder ‚extrem starken‘ Einfluss zuschreiben, sogar nur auf Platz drei.
Den ersten
Platz teilen sich die Faktoren ‚Neue und sich wandelnde Geschäftsmodelle und
Wettbewerbsstrukturen‘ und ‚Technologischer Fortschritt bei Materialien und Verfahren‘, gefolgt
von ‚Signifikanten Veränderungen der Verbraucherdemografie und -einkommen‘ (32 Prozent).
Auf dem vierten Platz liegen mit jeweils 28 Prozent die Faktoren ‚Datenschutz und
Datensicherheit‘ sowie ‚Steigende Verbrauchererwartungen hinsichtlich personalisierter
Produkte, Dienstleistungen und Erfahrungen‘.
Auch der vorherrschende Mangel an
qualifiziertem Personal und langfristige wirtschaftliche Trends wie zunehmende Automatisierung
und strengere Nachhaltigkeitsstandards gelten als signifikante Herausforderungen für
Unternehmen in der Zukunft.
Disruption bewältigen: Technologischer Wandel ist
essentiell, aber keine Universallösung
Die Studie zeigt, dass rund die Hälfte aller
befragten Unternehmen (53 Prozent) für die Bewältigung von Disruption auf Investitionen in neue
Technologien setzt, insbesondere in den Bereichen Datenaggregation und -analyse – oft sind es
grosse Unternehmen, da sie entsprechend mehr Kapital zur Verfügung haben. Die Strategie ist
also nicht für jedes Unternehmen darstellbar; zudem müssen entsprechende technologische
Lösungen effektiv in die Unternehmensprozesse integriert werden, oftmals gegen Widerstand im
Unternehmen selbst. Weitere beliebte Strategien sind die Expansion in eine neue,
vielversprechende geografische Region oder einen Sektor bzw. der Austritt aus nicht mehr
profitablen Märkten (42 Prozent) sowie die Anpassung von operativen Kosten (39 Prozent).
Über den AlixPartners Disruption Index
Der AlixPartners Disruption Index 2021 ist
eine Befragung des globalen Beratungsunternehmens hinsichtlich der Einstellung von
Führungskräften zu den disruptiven Einflüssen auf die wirtschaftliche Situation von
Unternehmen. Für die Umfrage wurden im Zeitrahmen von November 2020 bis Januar 2021
mehr als 3.000 Führungskräfte in den USA, Kanada, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland,
Italien, der Schweiz, China und Japan befragt und stammen überwiegend aus den Branchen
Luft-, Raumfahrt und Verteidigung, Automotive, Konsumgüter, Finanzdienstleistungen, Medien
und Unterhaltung, Detailhandel, Technologie sowie Telekommunikation. Alle Befragten waren
zwischen 25 und 65 Jahren, waren in einer führenden Director- oder höheren Position und
arbeiteten in einem Unternehmen mit einem Umsatz von über 50 Mio. US-Dollar.
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