Für die Studie « Where Do Rich Countries Stand on Childcare? » wurden
vergleichbare Daten zur Familienpolitik mit Blick auf Unterstützungsangebote für Kinder und Eltern
ausgewertet. Zu den Indikatoren gehören der Zugang zur Kinderbetreuung, die Bezahlbarkeit und die
Qualität von Betreuungsangeboten für Kinder bis zum Schuleintritt sowie die nationalen Regelungen für
Elternzeit.
«Um Kindern den besten Start ins Leben zu ermöglichen, müssen wir Eltern darin
stärken, ein förderndes und ein liebevolles Umfeld für ihre Kinder zu schaffen, das so wichtig ist für ihr
Lernen, ihr seelisches Wohlbefinden und ihre soziale Entwicklung», sagt UNICEF-Exekutivdirektorin
Henrietta Fore. «Investitionen in eine familienfreundliche Politik, einschliesslich der Kinderbetreuung,
tragen dazu bei, dass Eltern die Zeit, Ressourcen und Angebote zur Verfügung stehen, die sie benötigen,
um ihre Kinder in jeder Entwicklungsphase zu unterstützen.»
Während die meisten wohlhabenden
Länder die Kinderbetreuung für sozial schwache Familien stark subventionieren muss gemäss dem
Bericht in der Schweiz, in Irland und Neuseeland ein Paar mit durchschnittlichem Einkommen zwischen
einem Drittel und der Hälfte eines Gehalts ausgeben, um zwei Kinder in der Kinderbetreuung zu bezahlen.
«Die Pandemie hat die Systemrelevanz der Kinderbetreuung aufgezeigt. Diese muss hochwertig,
bezahlbar und leicht zugänglich sein», sagt Bettina Junker, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz und
Liechtenstein. «Die Schweiz rangiert jedoch im Vergleich zu anderen wohlhabenden Ländern auf den
hintersten Rängen. Es darf nicht sein, dass die Schweiz als eines der reichsten Staaten der Welt nicht
genug für die externe Kinderbetreuung tut. Die Politik ist jetzt gefordert, punkto Familienpolitik
umzuschwenken und Investitionen in eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige familienergänzende
Kinderbetreuung zu tätigen. Diese Dienstleistungen müssen für alle bezahlbar sein, unabhängig von
Einkommen und Wohnort», so Bettina Junker.
Die Länder, die im internationalen Vergleich am
besten abschneiden, investieren sowohl in die Qualität als auch die Erschwinglichkeit von
Betreuungsangeboten. Gleichzeitig haben dort sowohl Mütter als auch Väter einen Anspruch auf längere,
bezahlte Elternzeit.
Eine bezahlte Elternzeit vor und nach der Geburt ermöglicht es Eltern eine
enge Bindung zu ihren Kindern aufzubauen, trägt zur gesunden Entwicklung des Kinders bei, hilft, das
Risiko einer Wochenbettdepression zu senken und fördert die Geschlechtergleichheit. Laut dem aktuellen
Report gewährleisten jedoch weniger als die Hälfte der OECD- und EU-Länder Müttern eine bezahlte
Elternzeit von mindestens 32 Wochen. Väter, die einen Anspruch auf Elternzeit haben, nehmen diesen aus
beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen selten in Anspruch, wenngleich sich dieser Trend verändert.
Der Zugang zu bezahlbarer Kinderbetreuung wiederum ermöglicht es Eltern eine Balance
zwischen der Betreuung ihrer Kinder, ihrer Erwerbstätigkeit und ihrem eigenen Wohlergehen zu finden.
Allerdings gibt es zwischen dem Ende der Elternzeit und dem Beginn einer bezahlbaren Kinderbetreuung
häufig Betreuungslücken.
Laut dem Bericht sind fehlende bezahlbare Betreuungsmöglichkeiten
ein grosses Hemmnis für Eltern und tragen dazu bei, bestehende sozio-ökonomische Ungleichheiten zu
verschärfen. Haben in einkommensstarken Haushalten fast die Hälfte der Kinder unter drei Jahren Zugang
zu frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten, gilt dies in einkommensschwachen Haushalten nur
für eines von drei Kindern.
UNICEF setzt sich international für einen Rechtsanspruch auf bezahlte
Elternzeit von mindestens sechs Monaten sowie bezahlbare, qualitativ hochwertige Betreuungsangebote
für Kinder bis zum Beginn der Grundschule ein.
Die Studie nennt folgende Eckpunkte für eine
familienfreundlichere Politik:
- Eine Mischung aus bezahltem Mutterschutz, Vaterschaftsurlaub
und Elternzeit vor der Geburt und im ersten Lebensjahr des Kindes;
- Eine geschlechtersensible und -
gerechte Verteilung der Elternzeit;
- Elternzeit für alle Eltern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen,
ganz gleich ob es sich um eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung handelt sowie Unterstützung für
Geburtshilfe und bei der Betreuung für Eltern in besonderen Lebenssituationen, wie z. B. Nichtversicherte;
- Eine bezahlbare Kinderbetreuung, die sofort nach Ende der Elternzeit beginnt, um Betreuungslücken
zu vermeiden;
- Zugängliche, flexible, erschwingliche und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für
alle Kinder, unabhängig von Familienverhältnissen;
- Staatliche Regelungen und Unterstützung, um
den Zugang für Familien mit geringem Einkommen zu erleichtern und Betreuungsstandards zu
gewährleisten;
- Investitionen in kompetente Arbeitskräfte, ihre Qualifikation und ihre
Arbeitsbedingungen, um bestmögliche Standards zu gewährleisten;
- Anreize für Arbeitgeber, damit
sie inklusive und geschlechtssensible bezahlte Urlaubsansprüche, flexible Arbeitsregelungen und
Unterstützungssysteme für die Kinderbetreuung anbieten.
Hinweise für
Redaktionen
Methodisch stützt sich der UNICEF-Bericht auf statistische Daten von
Eurostat, der OECD und der UNESCO aus den Jahren 2018, 2019 und 2020, um die Verfügbarkeit
bezahlter Elternzeit für Mütter und Väter bei vollem Lohnausgleich sowie den Zugang, die Qualität und die
Bezahlbarkeit von Betreuungsangeboten zu beleuchten.
Bild- und Videomaterialien stehen
hier zur Verfügung
Weitere Informationen: UNICEF Schweiz und Liechtenstein,
Medienstelle, Jürg Keim, j.keim@unicef.ch, 044 317 22 41.