Comparis-Analyse der Verkehrssteuern in den Schweizer Kantonen
Horrende Tarifunterschiede bei den Motorfahrzeugsteuern
Bei den Motorfahrzeugsteuern in der Schweiz gibt es immense Tarifunterschiede zwischen den
Kantonen. In Genf zahlen Autohalterinnen und Autohalter für einen Audi Q7 rund sechsmal mehr als in
Schaffhausen. Zudem nutzen die Kantone die Steuern unterschiedlich als Lenkungsmassnahme: 7
befreien E-Autos in den ersten Jahren gänzlich von der Steuer. Appenzell Ausserrhoden besteuert derweil
den batteriebetriebenen VW ID.3 27 Prozent höher als den gleichwertigen Benziner Golf 1,5 l TSI. Das
zeigt eine Analyse von comparis.ch.
Ungleiche Bewertung
grosser Autos
Besonders extrem sind die Tarifunterschiede für Modelle der gehobenen
Klasse. Für einen Audi Q7 55 TFSI Quattro liegen die Kosten für die Motorfahrzeugsteuer im Kanton Genf
bei 2’130 Franken. Schaffhausen, als günstigster Kanton, besteuert das Fahrzeug mit 384 Franken. Das
ist fast sechsmal weniger. «Bei der Strassenverkehrssteuer feiert der Föderalismus Urstände. Die Kantone
können sie nach Belieben festsetzen und die Einnahmen genauso beliebig ausgeben», beobachtet
Comparis-Gebührenexperte Leo Hug.
Appenzell Ausserrhoden besteuert E-
Autos höher als Benziner
Schwer nachvollziehbare Auswüchse finden sich bei der
Förderung von emissionsarmen Fahrzeugen. Ein Grossteil der Kantone sieht einen Bonus von 25 bis 75
Prozent für E-Autos und für Personenwagen mit einem relativ geringen CO2-Ausstoss vor oder sogar eine
gänzliche Steuerbefreiung. Einige kennen aber gar keinen Öko-Bonus für E-Fahrzeuge (AR, AI, LU, JU
und SZ). Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stellt dieses Bonusprinzip sogar auf den Kopf: Hier liegt die
Steuer für den elektrisch betriebenen VW ID.3 bei 684 Franken. Der vergleichbare Benziner Golf 1,5 TSI
kostet hingegen nur 538 Franken. Der Steuertarif für das E-Auto ist somit 27 Prozent höher als beim
vergleichbaren Benziner.
Ein weiteres extremes Beispiel ist die Besteuerung des Kleinwagens
Twingo TCe 95: Im Jura wird der Benziner mit 468 Franken besteuert. Demgegenüber ist er in Freiburg,
Glarus, Nidwalden und St. Gallen im Jahr der Erstzulassung gänzlich von der Steuer befreit. Ähnlich
verhält es sich beim Golf 1,5 l TSI. In vier Kantonen werden in den ersten Jahren gar keine Steuer
erhoben. Aber der Kanton Jura veranschlagt von Anfang an 596 Franken Steuern.
Genf schröpft Halter von grossen Benzinern und belohnt schwere E-SUVs
«Verkehrssteuern werden in vielen Kantonen primär für die Strassenfinanzierung genutzt. Sie sind
aber auch ein beliebtes politisches Lenkungsinstrument», erklärt Comparis-Experte Hug. Eine wichtige
Stellschraube für die politische Lenkung des Motorfahrzeugparks im Kanton sei die Wagengrösse
beziehungsweise die Leistung.
Davon macht der Kanton Genf am ausgiebigsten Gebrauch:
Besitzerinnen oder Besitzer eines geräumigen Audi Q7 55 TFSI Quattro bezahlen eine zehnmal höhere
Steuer als die eines Renault Twingo TCe 95. Moderater ist der Tarifunterschied in den Kantonen Basel
Stadt, Jura, Luzern und Zug: Dort kosten die grossen SUVs doppelt so viel wie Kleinwagen.
«Die
hohe Besteuerung der grossen und leistungsstarken Benziner im Kanton Genf zeugt von einer radikalen
Gesinnung, ist aber nicht konsequent», kritisiert Hug. Denn gleichzeitig befreie Genf schwere E-Cars die
ersten Jahre von der Abgabe. «Auch Elektrofahrzeuge belasten die Strassen und schaden durch den
Pneuabrieb und die Batterieherstellung der Umwelt», so Hug.
Mehr zum Thema Gebühren auf
dem Comparis-Gebührenportal.
Was geschieht mit den Einnahmen aus Verkehrssteuern?
Die
Verkehrssteuer ist eine Steuer und keine Gebühr. Insofern sind die Kantone frei, wie sie diese Einnahmen
verwenden wollen. Es gibt Kantone, welche die Verkehrssteuer ohne einen bestimmten
Verwendungszweck den kantonalen Steuereinnahmen zuweisen. Andere Kantone teilen sich diese Steuer
anhand eines bestimmten Schlüssels mit ihren Gemeinden. Einige Kantone schränken sich durch
entsprechende Gesetze bei der Verwendung der Verkehrssteuern ein: Oft wird das Geld für den Bau,
Unterhalt oder zur Verbesserung der Strassen reserviert. Gelegentlich werden Gelder aus der
Verkehrssteuer auch für Massnahmen zur Verkehrssicherheit oder im Umweltschutzbereich verwendet.
Methodik
Comparis.ch hat für 3
Verbrennungsmotoren und 3 E-Autos die Verkehrssteuern in den Schweizer Kantonen ermittelt. Dabei
wurden jeweils die Verkehrssteuern von einem Fahrzeug der unteren, der mittleren und der gehobenen
Klasse berechnet. Für die Berechnung wurden die von den Kantonen zur Verfügung gestellten Rechner
benutzt. Wo das nicht möglich war, stützt sich die Berechnung auf die jeweiligen Gesetze und
Verordnungen ab. Es wurden nur die Steuern für die Erstzulassung von Neuwagen berücksichtigt.
Weitere Informationen: Leo Hug, Gebührenexperte, Telefon:
+41 79 687 83 93, E-Mail: media@comparis.ch, comparis.ch