Da Veranstaltungen vorerst nicht stattfinden dürfen, wird das Online-Programm
ZuZug digital laufend erweitert und dient als
ergänzendes Angebot und Vorbereitung zum Museumsbesuch.
Unbekannt, fremd, anders. Das Kunsthaus Zug zeigt zum ersten Mal grössere Werkgruppen
mittel- und osteuropäischer Kunstschaffender aus der eigenen Sammlung. Dabei zieht es nicht nur eine
Linie von «West» nach «Ost», sondern verbindet auch verschiedene Generationen und Sichtweisen.
Freiheit und Toleranz, Weggang und Flucht bleiben als Themen schmerzlich aktuell.
Mit
dem Beginn des Kalten Krieges und der Entstehung des Eisernen Vorhangs rückte «Osteuropa» in weite
Ferne. Dieser – geografisch, politisch und kulturell unkorrekte – Begriff fasst die damalige Zweiteilung der
Welt in «den Osten» und «den Westen» in einem Wort zusammen. Obwohl Länder wie Tschechien, Polen,
Ungarn und Russland geografisch nahe liegen, erscheinen sie oft noch heute fern oder rücken wieder
zunehmend in die Ferne.
Während die letzte Ausstellung BeZug die
Sicht auf Zug thematisierte, dreht ZuZug aus
Osteuropa die Perspektive um und blickt von «Innen» nach «Aussen», indem sie zum ersten Mal
in eigenen Räumen grössere Werkgruppen mittel- und osteuropäischer Kunstschaffender mehrerer
Generationen zeigt, die im Kunsthaus Zug bereits einzeln ausgestellt wurden. Dabei schliesst der Blick auf
das Fremde das Eigene stets mit ein: Wie man etwas erlebt und betrachtet, geschieht immer vor dem
Hintergrund der eigenen Lebenswelt.
West-Ost-Kontraste und -
Verbindungen
Geradezu beispielhaft für den Perspektivenwechsel stehen etwa die Werke
von Guido Baselgia und Jan Jedlicka: Der ehemalige
Wahlzuger Baselgia, der eben mit dem Bündner Kulturpreis geehrt wurde, richtete seine Kamera auf den
russischen Künstler Pavel Pepperstein und dessen russische Freunde im
Kunsthaus Zug. Gegenüber die Porträts Jan Jedlickas von westlichen Kunstschaffenden im Kunst
Museum Winterthur wie Gerhard Richter, Sol LeWitt und Roni Horn. Ein Kontrast von «West» und «Ost».
Die tschechischen Künstler dreier Generationen Pravoslav Sovak, Jan Jedlicka und Tomas Kratky kamen in die Schweiz aus
Anlass der niedergeschlagenen Reformbewegung des Prager Frühlings 1968. Von Luzern und Hergiswil
aus bereiste Sovak während Jahrzehnten die USA, entdeckte für sich die Wüste des Südwestens, den
Strand von Los Angeles und die Skyline von New York, was sich in einem reichen druckgrafischen Oeuvre
niederschlug. Der 1988 in Bern früh verstorbene Tomas Kratky stellt in seinen Zeichnungen und Gemälden
existentielle Fragen von Religion und Sexualität, Leben und Tod.
Der Appenzeller Künstler Roman Signer beschritt den umgekehrten Weg. Er studierte in den 1970er-Jahren in
Warschau Kunst und heiratete die Künstlerin Aleksandra Signer. Bis heute
zeugen ihre Werke von der Nähe zum Osten.
Und Annelies Štrba,
deren Grossvater aus dem ehemaligen Jugoslawien einst nach Baar und Zug gekommen war, zeigt
Reiseaufnahmen von Auschwitz und Tschernobyl und ein Video von Prag.
Die Ausstellung ZuZug verbindet auch individuelle Sichtweisen: Etwa mit einhundert Blättern das
zeichnerische Schaffen von Josef Hoffmann, ein wichtiger Architekt und
Designer der Wiener Moderne im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. Hoffmann wuchs in Böhmen auf und
hätte im vergangenen Dezember seinen 150. Geburtstag feiern können. Oder aus Ungarn der
Schriftsteller und Fotograf Péter Nádas mit zahlreichen Aufnahmen eines
Birnbaums und des Himmels, welche die Zeit und Lebensveränderung, aber auch den Wechsel der
Bildmedien thematisieren.
Öffnung zum Westen
Das
‚unendliche’ Gespräch von Ilya Kabakov, Boris Groys und Pavel Pepperstein
aus der ehemaligen Sowjetunion beschliesst als raumfüllende Videoinstallation den Sammlungsrundgang.
Nach dem Ende der Sowjetunion und mit der Öffnung zum Westen haben die drei ihre abgebrochene
künstlerische Gesprächspraxis noch einmal geführt und im Kunsthaus Zug in Verbindung mit ihren
schweigenden Gesichtern für die Zukunft symbolisch musealisiert.
Nicht zuletzt bezieht sich
ZuZug auch auf gegenwärtige Proteste, Aufstände und revolutionäre
Geschehnisse in Polen, Russland, Ungarn, Weissrussland und der Ukraine. Freiheit und Toleranz,
Weggang und Flucht bleiben als Themen schmerzlich aktuell. Daran erinnert auch die Installation „The
Ship of Tolerance“ von Ilya und Emilia Kabakov, die noch bis im Herbst 2021 im
Zuger Gebiet Brüggli steht.
ZuZug digital
Veranstaltungen
dürfen im Kunsthaus vorerst noch nicht stattfinden, aber die digitalen Formate ZuZug digital sind aufgeschaltet, finden live statt und werden
laufend erweitert: ein digitaler Ausstellungsrundgang mit dem Direktor Dr. Matthias Haldemann sowie die
Video-Clips mit dem Team des Kunsthauses, ein Film-Essay von Carlos Lügstenmann/arttv.ch, ausserdem
ganz neu ein Essay zur Ausstellung mit Text von Julie Freudiger und Fotografien von Jorit Aust. «Kunst
über Mittag im Zoom», und «Feierabend-Zoom» finden als Gespräche statt, ausserdem wird der Kunstver
mittlungskurier für Familien per Newsletter und Kunstvermittlung@home für Schulen angeboten.
Workshops mit Kindergarten- und Schulklassen dürfen im Museum stattfinden, auch das Format Gesprächsstunde Kunst darf mit bis zu 5 Teilnehmenden durchgeführt werden.
Über das Online-Angebot ZuZug digital wird laufend auf der Webseite, im
Newsletter sowie auf Facebook und Instagram informiert.
Alle Informationen zur Ausstellung und
ZuZug digital auf www.kunsthauszug.ch, sowie auf Facebook und
Instagram.
Da eine Medienveranstaltung im herkömmlichen Sinn nicht möglich ist, sind
Medienschaffende eingeladen, das Kunsthaus Zug zu besuchen um in einem individuell begleiteten
Rundgang mehr über die Ausstellung zu erfahren.
Die Öffnung des Museums wird von einem
Schutzkonzept begleitet, nach wie vor gelten die bestehenden Hygieneregeln. Die Kunsthaus-Bar bleibt
vorläufig geschlossen.
Weitere Informationen zum Ausstellungsprogramm und Bildmaterial:
https://kunsthauszug.ch/medien/
Kontakt:
Friederike Müller
Ausstellungsorganisation / PR-Verantwortliche
Kunsthaus Zug, Dorfstrasse 27, CH-6301 Zug
Tel (+41) 041 725 33 44
friederike.mueller@kunsthauszug.ch
www.kunsthauszug.ch