Jedes Jahr werden weltweit Milliarden von männlichen Küken geschreddert - sie können weder
gemästet noch anderweitig in der Tierindustrie verwendet werden und gelten deshalb als überflüssig. Die
Öffentlichkeit spricht sich weitgehend gegen diese Praxis aus und mancherorts ist sie gar
verfassungswidrig. Höhere Standards werden aber dennoch oft nicht eingeführt, da die Industrie ins
Ausland abwandern und nationaler Tierschutz somit umgangen würde.
Die meisten Bereiche, in
denen wir Tiere nutzen - beispielsweise die Landwirtschaft oder die medizinische Forschung - sind
globalisiert. "Staaten befinden sich in einem Standortwettbewerb", sagt die Juristin Charlotte Blattner. "Sie
passen ihre Gesetze den Interessen von Investoren und Produzenten an und weigern sich, wirksame
Normen zum Schutz der Tiere zu erlassen oder bestehendes Recht durchzusetzen." So werden Tiere
häufig wirtschaftlichen Interessen untergeordnet und Bestrebungen, sie effektiv zu schützen, vereitelt.
Grenzüberschreitender Schutz
Dieser komplexen Problematik widmet sich die diesjährige
Trägerin des Marie Heim-Vögtlin-(MHV)-Preises Charlotte Blattner. In ihrer Dissertation setzt sie sich mit
der Frage auseinander, wie Tiere ausserhalb der Landesgrenzen besser geschützt werden können.
Dafür wendet sie das völkerrechtliche Konzept der extraterritorialen Jurisdiktion für das Tierrecht an.
Dieses erlaubt es Staaten, ihr Recht auf Sachverhalte im Ausland anzuwenden, falls ein genügend enger
Bezug zur eigenen Rechtsordnung vorliegt. So kann ein Staat mit hohen Tierschutzstandards eigene
Staatsangehörige oder Unternehmen für Tierschutzvergehen im Ausland sanktionieren. Blattners
Forschung schafft auch neue Erkenntnisse darüber, wie Regelungshoheit indirekt genutzt werden kann,
etwa durch Investmentstandards oder Import- und Exportverbote.
Die extraterritoriale Jurisdiktion
ist im Menschenrechtsschutz und im Wirtschaftsrecht bereits etabliert. Erstmals zeigt Blattner in ihrer
Forschungsarbeit nun auf, wie dieser Ansatz auch das Tierrecht revolutionieren kann, indem er die
systematische Umgehung nationalen Tierschutzrechts und damit die globale Deregulierung verhindert.
Unterstützung durch den SNF
Mit einem Doc.CH-Beitrag hat der SNF das
Dissertationsprojekt von Charlotte Blattner gefördert. Zudem unterstützte er die Publikation des daraus
entstandenen Buches, das seit 2019 als digitales Buch frei verfügbar ist. Mit einem Mobilitätsstipendium
des SNF erweiterte Blattner an der Harvard Law School zudem ihre Erkenntnisse auf das Umweltrecht.
Gegenwärtig arbeitet sie als Oberassistentin an der Universität Bern an einer Habilitation zum Klimarecht.
Engagement für junge Forscherinnen
Blattner möchte sich mit dem Preis für junge
Frauen, die am Anfang ihrer akademischen Karriere stehen, einsetzen - beispielsweise mit einem
Schreibpreis für Studierende oder der Organisation eines simulierten Gerichtsprozesses (Moot Court), in
dem ein fiktiver Fall aus dem Tierrecht behandelt wird. Der Preis ist mit 25'000 Franken dotiert.
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Auszeichnung für exzellente Forscherinnen
Mit dem Marie Heim-
Vögtlin-Preis würdigt der SNF jedes Jahr eine hervorragende Nachwuchsforscherin. Die Gewinnerinnen
sind inspirierende Vorbilder. Während der Laufzeit ihres Beitrags konnten sie bemerkenswerte Resultate
erzielen und ihre Karriere entscheidend vorantreiben. Seit 2020 geht der Preis an eine ehemalige
Beitragsempfängerin der Förderinstrumente MHV, Doc.CH, Postdoc.Mobility, Ambizione oder PRIMA.
Marie Heim-Vögtlin, die Namensgeberin des Preises, wurde 1868 als erste Schweizerin an der
Universität Zürich zum Studium an der medizinischen Fakultät zugelassen. Nach dem Abschluss des
Studiums eröffnete sie eine Praxis für Gynäkologie, die sie nach der Geburt ihrer zwei Kinder weiterführte.
Sie zählt zu den Vorreiterinnen im Kampf für den Zugang der Frauen zur akademischen Bildung.
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Der Text dieser Medienmitteilung, Download-Bilder und weitere
Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung:
http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-201021-medienmitteilung-tierschutz-in-einer-
globalisierten-welt.aspx
Pressekontakt:
Schweizerischer Nationalfonds
Coralie Dorsaz
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Tel.: +41 31 308 24 33
E-Mail
coralie.dorsaz@snf.ch