Comparis-Analyse zum Contact-Tracing
Software-Dschungel beim Contact-Tracing der Kantone
Nicht
nur Personalengpässe erschweren das Contact-Tracing in der Schweiz. Auch der Software-Dschungel der
Kantone trägt dazu bei. So sind statt einer standardisierten Realtime-Lösung diverse Programme zum
Contact-Tracing im Einsatz. Manche Kantone arbeiten sogar mit Excel. Das zeigt eine Analyse von
Comparis. Zudem kennen die Zuständigen in den Kantonen teilweise nicht alle
Unterstützungsmöglichkeiten ihrer Software. Das wirkt sich auf den Informationsfluss aus.
Software-Dschungel verunmöglicht Echtzeit-Situationsanalyse
«Es
ist unverständlich, warum bei so einer wichtigen Angelegenheit, wo Information das Wichtigste ist, der
Bund auf die Durchsetzung eines einheitlichen Standards verzichtet», bemängelt Comparis-
Gesundheitsexperte Felix Schneuwly.
Die fehlende Standardisierung hat Folgen für den
Informationsfluss. So ist Email der Standard für den Datenaustausch mit dem Bundesamt für Gesundheit
und den anderen Kantonen (15 Antworten zu dieser Frage erhalten). Nur zwei Kantone nannten das
Informationssystem Meldungen des Bundes (ISM) als Hauptquelle für den Austausch.
Und so
gibt es denn auch keinen Realtime-Austausch der Daten. Während manche Kantone stündlich bis täglich
ihre Daten melden, hat ein Kanton nur eine wöchentliche Meldung angegeben. Die Mehrheit der Kantone
hat kein fixes Intervall (Total 15 Antworten erhalten).
«Eine zentrale Echtzeit-Übersicht über alle
Daten würde einen uneinheitlichen, aufwändigen Informationsaustausch überflüssig machen und würde
helfen, schneller ein besseres Bild über die Entwicklungen in der ganzen Schweiz zu haben», kritisiert
Schneuwly.
Kantone wissen nicht, was ihre Contact-Tracing Software
kann
Kommt noch hinzu: Wer eine spezielle Contact-Tracing-Software verwendet, kennt
oft nicht den ganzen Umfang der Möglichkeiten.
So ist am weitesten verbreitet die Software
«Sormas» (Surveillance, Outbreak Response Management and Analysis System); eine Entwicklung des
Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI), des African Field Epidemiology Network (AFENET), des
Nigeria Centre for Disease Control (NCDC) und der Vitagroup.
7 Umfrageteilnehmende gaben in
der Comparis-Umfrage an, dieses Programm fürs Contact-Tracing zu verwenden. Gefragt nach den
unterstützten Features ist das Wissen aber höchst unterschiedlich. So gab nur ein Kanton an, dass die
Resultatmeldung von Labors an Tracer mittels Sormas möglich sei. Ebenfalls nur ein Kanton gab an, dass
die Erfassung von Reisequarantänepersonen durch Flughäfen, Bahnhöfe, Zoll etc. möglich sei.
Nebst Sormas sind gemäss den Kantonen ein Programm der KPMG, die Eigenentwicklung Odoo, das
IES Informations- und Einsatzsystem KSP sowie die Software ecole im Einsatz. Übers Ganze gesehen
bejahen alle 13 Befragten, die die Frage beantwortet haben, nur die Basisinformation «Erfassen der
Indexpatienten». «Das ist eindeutig zu wenig. Es sollten alle möglichen Funktionalitäten ausgeschöpft
werden und zumindest der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden», fordert Schneuwly.
Schlüsselkennzahlen werden nur teilweise erfasst
Als Folge der
fehlenden Minimalstandards erfassen die Kantone unterschiedliche Informationen. 15
Umfrageteilnehmende beantworteten die Frage nach zusätzlichen Schlüsselzahlen. Hier wird keine
einzige der von Comparis erfragten Schlüsselzahlen für eine verfeinerte Situationsabklärung von allen
erfasst. «Das ist dramatisch. Denn so hilft der Appell des Bundesrates an die Selbstverantwortung der
Bevölkerung gar nichts. Wir sind im Blindflug unterwegs», so Schneuwly.
Methodik
Comparis hat zwischen 7. und 13. Oktober die
Gesundheitsdirektionen der 26 Kantone schriftlich befragt.
Weitere Informationen:
Felix Schneuwly
Krankenkassen-Experte
Telefon: +41 79 600 19 12
E-Mail: media@comparis.ch
www.comparis.ch