Gletscher sind ständig in Bewegung und werden daher überwacht. Aufschluss über ihre Entwicklung
geben beispielsweise Satellitenbilder. Seismometer ermöglichen es den Forschenden, in den Gletscher
hineinzuhören, um mehr über seine Bewegungen zu erfahren. Allerdings ist die Anzahl der Messpunkte
auf den Gletschern meist unzureichend, da sich die Messgeräte in Gletscherregionen nur unter grossem
Aufwand einrichten lassen. Fabian Walter, SNF-Förderprofessor an der ETH Zürich, hat nun in einer
Studie gezeigt, dass sich auch Glasfaserkabel zur Überwachung von Gletschern eignen. Im Gegensatz zu
Seismometern liefern sie nicht nur mehr Messpunkte, sondern sind auch einfacher zu installieren. So
ermöglichen sie selbst bei schwer zugänglichen Gletschern eine intensive Überwachung.
Alle
zwei Meter ein Messpunkt
Die Studie, deren Resultate in der Zeitschrift Nature Communications
(*) publiziert sind, wurde auf dem Rhonegletscher, auf 2500 m Höhe im nordöstlichsten Zipfel des Kantons
Wallis durchgeführt. Dort massen die Teams von Fabian Walter und Andreas Fichtner, Professor für
Seismologie und Wellenphysik an der ETH Zürich, während fünf Tagen im März 2019 seismische
Erschütterungen. Dazu verlegten sie ein Glasfaserkabel von einem Kilometer Länge einige wenige
Zentimeter tief in die Schneedecke des Gletschers. Die Forschenden massen winzige Störungen des
optischen Signals im Glasfaserkabel. Die Technik des Distributed Acoustic Sensing ermöglichte es somit,
entlang des Kabels, in regelmässigem Abstand von wenigen Metern, kleinste Erschütterungen zu messen.
Diese können in einem Seismogramm abgebildet werden.
Da bei dieser Methode wesentlich mehr
Sensoren auf derselben Fläche - insgesamt 500 Messpunkte pro Kilometer Glasfaserkabel - zum Einsatz
kommen können, enthalten die erhobenen Daten mehr Information als die von Seismometern gelieferten
Messdaten. Laut der Studie lassen sich dadurch insbesondere Steinschläge und Eisbeben exakter
lokalisieren. Darüber hinaus konnten neue Erkenntnisse über die Fliessbewegungen der Gletscher
gewonnen werden. Mit den bisherigen Mitteln nur schwer messbare seismische Wellen zeugen von
ruckartigen Bewegungen, die man bereits vom grönländischen und antarktischen Inlandeis kennt und die
nun auch für die Alpen nachgewiesen sind.
Informationen über Vorgänge im Eis
An
bestimmten Orten werden Glasfaserkabel bereits heute für die Erdbebenüberwachung eingesetzt. Der auf
Eisbeben spezialisierte Seismologe Fabian Walter ist aber einer der ersten Glaziologen, der die Technik
des Distributed Acoustic Sensing auf Gletschern einsetzt. "Zurzeit arbeiten auch andere
Forschungsteams, etwa in Alaska, in diesem Bereich, denn Glasfaserkabel bieten in dieser rauen
Umgebung viele Vorteile. Während für die Einrichtung einer seismischen Messstation, die nur einen
winzigen Gletscherbereich abdeckt, oft mehrere Arbeitsstunden erforderlich sind, wird ein Glasfaserkabel
mit Hunderten von Sensoren ganz einfach ausgerollt. So lassen sich theoretisch ganze Gletscher
überwachen", sagt der Wissenschaftler, der für diese Studie mit dem Schweizerischen Erdbebendienst der
ETH Zürich zusammengearbeitet hat.
Aus den durch das Kabel gemessenen Geschwindigkeiten
von seismischen Wellen lassen sich auch weitere Informationen ableiten, etwa die Zusammensetzung des
Eises. Auch ermöglichen sie Aufschlüsse über die Verformung des Eises sowie die Entstehung von Rissen
und Abbrüchen des Gletschers.
Inwieweit sich die Messmethode in weiteren Bereichen anwenden
lässt, soll noch erforscht werden. Glasfaserkabel werden heute bereits entlang von Strassen,
Bahnstrecken oder bestimmten Infrastrukturen verlegt. Dark-Fibre-Glasfaserkabel, also verlegte, aber
noch nicht mit dem Netz verbundene Kabel, könnten beispielsweise zur Überwachung von Erdbeben
eingesetzt werden und damit zur Prävention von Folgeschäden.
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Nachwuchsförderung
Mit den im Jahr 2000 eingeführten SNF-Förderungsprofessuren
wurden insgesamt 691 Forschende unterstützt. 2018 wurde das Förderinstrument durch das neue
Eccellenza ersetzt. Die Eccellenza Professorial Fellowships finanzieren das Salär der
Assistenzprofessorinnen und -professoren sowie die Projektkosten.
Pressekontakt:
Fabian Walter
Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie
ETH Zürich
Tel.: +41 44
632 41 62
E-Mail: walter@vaw.baug.ethz.ch