Der multilaterale Ansatz der WTO stockt seit Jahren, ebenso die Verhandlungen mit der EU
über die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs. In dieser Situation ist es für die Schweiz
opportun, ihre Position im internationalen Handel über Freihandelsabkommen (FHA) zu sichern.
Der Abschluss von bilateralen FHA ist auch das erklärte Ziel der US-Administration. Jedoch
konnte sie bis heute noch keine Einigung mit der EU erzielen, während der Handelskonflikt
zwischen China und den USA immer mehr zunimmt. Fazit: Die Zeichen für ein FHA Schweiz-
USA stehen günstig wie schon lange nicht mehr.
Schon heute sind beide Länder
wirtschaftlich eng verflochten. «Gesamthaft hängen über 700'000 Arbeitsplätze in der Schweiz
(260'000) und den USA (450'000) direkt vom bilateralen Handel mit Waren und Dienstleistungen
sowie den Direktinvestitionen ab», erklärt Co-Autor Patrick Dümmler. Über 400 Mrd. Fr.
Direktinvestitionen werden auf beiden Seiten des Atlantiks getätigt. Ein «Deal» wäre für die
Schweiz wie für die USA ein bedeutender Gewinn: Schätzungen zufolge wären fünf Jahre nach
Inkrafttreten eines FHA mit 13'500 zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Schweiz zu rechnen und
mit 27'500 in den USA. «Der Warenhandel könnte mit einem Plus von 14 Mrd. Fr. merklich
gesteigert werden», fasst Co-Autorin Jennifer Anthamatten die Forschungserkenntnisse
zusammen. Neben den Zolleinsparungen läge der grösste Vorteil für die Unternehmen in der
Rechtssicherheit: Schon heute sind die USA der zweitwichtigste Markt für Schweizer Produkte,
umgekehrt nimmt die Schweiz in den USA den zehnten Rang ein. Ein FHA mit den USA wäre
eine Chance nicht nur für Schweizer Unternehmen, sondern auch für viele innovative
Bauernbetriebe. Auch ist die USA zweitwichtigster Investor in der Schweiz, umgekehrt belegt die
kleine Schweiz den beachtlichen siebten Rang. Nicht zuletzt wäre das FHA ein wichtiger Hebel,
um hinausgeschobene interne Reformen umzusetzen.
Für einen erfolgreichen
Abschluss eines FHA wird ein Vorgehen in zehn Punkten empfohlen:
+++
Aussenwirtschaftspolitik +++
1. Die Schweiz sollte auf einen möglichst hürdenfreien
Zugang zum Weltmarkt fokussieren, für die USA spricht ihre schiere Marktgrösse.
2.
Das Abkommen mit den USA sollte zeitnah abgeschlossen werden, da die Chancen für eine
Einigung zurzeit besonders günstig sind. Vorrangig wäre eine grundlegende Einigung. Allfällige
Erweiterungen und Vertiefungen können auch später noch vorgenommen werden.
3.
Um bei einem zukünftigen USA-EU-Abkommen nicht unter Druck zu geraten, sollte die Schweiz
einen selbständigen Abschluss eines FHA Schweiz-USA anstreben.
+++ Innenpolitik
+++
4. Alle inländischen Interessengruppen, insbesondere der Agrarsektor, sollten bei
den Verhandlungen frühzeitig eingebunden werden.
5. Volkswirtschaftlich bedeutend
wäre die Schaffung eines gesonderten Kontingents für den Austausch von Arbeitskräften
zwischen der Schweiz und den USA.
6. Die Schweiz steht seit Jahren in Sachen
Online-Piraterie in der Kritik der USA. Eine Quantifizierung der realen wirtschaftlichen Folgen der
Online-Piraterie in der Schweiz im Zeitalter von Streaming-Diensten könnte in den
Verhandlungen hilfreich sein.
+++ Agrarpolitik +++
7. Eine erste Massnahme für
eine schrittweise Liberalisierung des Schweizer Agrarmarkts wäre der etappenweise Abbau
nicht-tarifärer Hürden beim gegenseitigen Marktzugang, z.B. bei der Anerkennung von
Qualitätsnormen.
8. Auch beim Abbau tarifärer Handelshemmnisse gibt es zahlreiche
Hebel zur Abfederung der Folgen für die Schweizer Landwirtschaft, z.B. durch Kontingente und
Übergangsfristen.
9. Die Souveränität der Konsumenten sollte durch klare, lückenlose
Deklaration von Herkunft und Produktionsmethoden bei Agrargütern weiter gestärkt werden.
Starke heimische Labels mit Mehrwert sind der beste Schutz vor befürchteten «Billigimporten».
10. Schweizer Produzenten, auch der Agrarsektor, sollten sich nicht vor mehr
Wettbewerb fürchten, da sie schon in vielen Sektoren ihre Innovationskraft bewiesen haben.
Der aktuell vertiefte Austausch zwischen der Schweiz und den USA auf politisch-
administrativer Ebene sollte genutzt werden, um in offizielle Verhandlungen über ein FHA
einzutreten. «Now, it's time for a deal», resümiert Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder.
+++ Weitere Auskünfte +++ https://www.avenir-suisse.ch/
Kontakt:
Peter
Grünenfelder
(+41 79 458 08 63, peter.gruenenfelder@avenir-suisse.ch)
Patrick Dümmler
(+41 44 445 90 09, patrick.duemmler@avenir-suisse.ch)
Jennifer Anthamatten
(+41 44 445 90 07, jennifer.anthamatten@avenir-suisse.ch).