„Ein zu kurz greifendes Renditedenken dominiert gegenwärtig die Diskussion um Public Private Partnership im Hoch- und Tiefbau. Das Ziel der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft, öffentliche Aufgaben besser zu erledigen, als es dem Service public in alleiniger Regie möglich wäre, muss aber auch für die funktionale und gestalterische Qualität gelten. Hier gibt es derzeit noch eine grosse Lücke.“
Anlässlich der Delegiertenversammlung des SIA zeigte sich Kündig kritisch gegenüber PPP-Verfahren: „Wir müssen sicherstellen, dass PPP-Verfahren zum Beispiel nicht dazu missbraucht werden, die Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens zu umgehen.“ Gleichzeitig verwies er auf Planer- und Gesamtleistungswettbewerbe sowie Studienaufträge als bewährte Instrumente, um die beste Lösung für eine Bauaufgabe zu erhalten.
Kündig betonte: „Im Interesse der Baukultur braucht es unabhängige Planer. Dass Architekten, Ingenieure und Planer ihre Rolle auch bei PPP wahrnehmen können, muss im Verfahren und in den Vertragsbedingungen sichergestellt sein.“ Welches Verfahren den Interessen der Gesellschaft am besten diene, müsse anhand der jeweiligen Aufgabenstellung entschieden werden. Die erbrachten Planungsleistungen seien aber auf jeden Fall geistig-schöpferische Leistungen, die es angemessen zu honorieren gelte und deren Urheberrecht zu wahren sei. Kündig unterstrich: „Die Teilnahme an PPP-Verfahren bedeutet für Investoren und Planer einen hohen Aufwand.“ Die öffentliche Hand müsse deshalb im ersten Schritt klären, ob sich ein Projekt als PPP-Verfahren überhaupt eigne oder nicht, welches die Projektvorgaben im Einzelnen seien und welches Verfahren genau zur Anwendung gelangen sollte.
„Wir bieten der öffentlichen Hand gerne unsere Unterstützung an.“, so Kündig, „sie darf ihre Verantwortung für die Baukultur nicht an Private delegieren.“ Deshalb hat der SIA ein Papier mit vier Kernforderungen zu PPP Bau verabschiedet.
Public Private Partnership im Zusammenhang mit Bauwerken (PPP Bau): Forderungen des SIA
1. PPP-Projekte müssen (auch) hoheitliche Funktionen zum Gegenstand haben. Nachzuweisen sind das öffentliche Interesse sowie die Vorteile sowohl bei der öffentlichen Hand als auch bei den Privaten.
Public Private Partnership, kurz PPP, bezeichnet eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft, deren erklärtes Ziel es ist, öffentliche Aufgaben besser, das heisst in der Regel effizienter zu erledigen als es dem Service public in alleiniger Regie möglich wäre. Für PPP müssen mindestens drei Bedingungen gegeben sein: Erstens setzt PPP eine öffentliche Aufgabe voraus. Deshalb müssen die hoheitlichen Aufgaben und die Steuerungsfunktion einschliesslich Qualitätssicherung auch bei der öffentlichen Hand verbleiben. Zweitens muss PPP alternativen Verfahren zur Umsetzung der jeweiligen Aufgabe überlegen sein. Vor Beginn eines PPP-Projektes ist deshalb zwingend zu überprüfen, ob die Vorteile gegenüber anderen Verfahren überwiegen.
Von Seiten der öffentlichen Hand sind ein Wirtschaftlichkeitsvergleich und eine langfristige Nachhaltigkeitsüberprüfung durchzuführen. Anforderungen an die Bewerbung sind massvoll zu gestalten und insbesondere die Interessen kleinerer und mittlerer Unternehmen zu beachten, um den Kreis potenzieller Wettbewerber auf längere Sicht nicht auf einige wenige Grossunternehmen zu beschränken. Da wesentliche Potenziale von PPP – über eine vorgeblich oder tatsächlich bessere Aufgabenerledigung durch Private hinaus – im Zusammenwirken von öffentlicher Hand und Privaten liegen, muss es sich drittens um eine echte Kooperation handeln. Reines Outsourcing fällt damit nicht unter PPP.
2. PPP-Verfahren sind nach den Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens abzuwickeln.
Das öffentliche Beschaffungswesen zielt auf Transparenz, Stärkung des Wettbewerbs, wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel und Gleichbehandlung aller Anbietenden. Diese Ziele gelten selbstverständlich auch für PPP-Verfahren.
PPP-Verfahren dürfen deshalb nicht dazu missbraucht werden, die Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens zu umgehen. Das Bundesgericht hat im Oktober 2007 zwar klargestellt, dass die Wahl eines Investors von öffentlichen Bauten den Regeln des öffentlichen Beschaffungsrechtes unterliegt, die Wahl des vom Investor beizuziehenden Totalunternehmers aber nicht. Bei PPP-Verfahren kommt es überdies nicht nur darauf an, rechtliche Vorgaben einzuhalten, sondern auch, das jeweils geeignete Vergabeverfahren auszuwählen und richtig anzuwenden. Die Rolle von Architekten, Ingenieuren und anderen Planern ist im Verfahren und in den Vertragsbedingungen sicherzustellen.
3. PPP-Verfahren mit Bauwerken als Gegenstand haben einen Planer-, Gesamtleistungswettbewerb oder Studienauftrag durchzuführen, um die Funktionalität und architektonische Qualität sicherzustellen.
Gesamtleistungswettbewerbe sowie Studienaufträge sind bewährte Instrumente, um die beste Lösung für eine Bauaufgabe zu erhalten und müssen auch bei PPPVerfahren zum Zuge kommen. Dabei ist die Ordnung SIA 142 für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe anzuwenden. Entscheidend für die funktionale und gestalterische Qualität ist aber nicht nur die Durchführung eines Planerwettbewerbes, eines Gesamtleistungswettbewerbes oder eines Studienauftrages an und für sich. Entscheidend ist auch die Stellung des Planers im Wettbewerb. Sie hängt wesentlich von der Stellung des Investors im Wettbewerb respektive vom Zeitpunkt des Wettbewerbes ab. Ein Planungswettbewerb vor dem PPP-Verfahren ermöglicht die funktionale und gestalterische Optimierung unabhängig von Vorgaben des Investors, da dieser nicht an der Erstellung der Entwurfsvorgaben und an der Auswahl des Entwurfs beteiligt ist. Ein Planungswettbewerb im PPP-Verfahren bedeutet demgegenüber einen Zeitgewinn, aber zugleich eine Vermischung von Entwurfs- und Finanzierungsentscheidungen.
Ein Planungswettbewerb nach dem PPP-Verfahren erlaubt schliesslich die Berücksichtigung der Anforderungen des Investors im Entwurfsprozess, kann aber auch zu einem Übergewicht eigenwirtschaftlicher Interessen führen. Unabhängig vom Zeitpunkt des Wettbewerbs sind die erbrachten Planungsleistungen geistigschöpferische Leistungen, die angemessen zu honorieren sind und deren Urheberrecht zu wahren ist.
4. Während eines laufenden PPP-Verfahrens dürfen die Spielregeln nicht geändert werden.
Die Teilnahme an PPP-Verfahren bedeutet für Investoren und Planer einen hohen Aufwand. Die öffentliche Hand muss deshalb frühzeitig klären, ob sie ein Projekt als PPP- Verfahren durchführen möchte oder nicht, welches die Projektvorgaben im Einzelnen sind und welches Verfahren genau zur Anwendung gelangen soll. Da PPP-Projekte langfristig, meist über mehrere Jahrzehnte angelegt sind, ist es sinnvoll, Änderungen bei den Nutzungsanforderungen, die sich nicht im Detail absehen lassen, von Anfang an einzukalkulieren. Um dennoch die Spielregeln eines PPP-Projektes nicht ändern zu müssen, ist eine sorgfältige, am Ergebnis orientierte Planung umso wichtiger. Es müssen zweckmässige Anpassungs- und Gestaltungsmechanismen definiert werden, die wandelnden Rahmenbedingungen Rechnung tragen können. Dies verlangt auf Seiten der öffentlichen Hand wie der Privaten hohe planerische, juristische und ökonomische Kompetenz.
Der SIA ist der massgebliche Berufsverband für qualifizierte Fachleute der Bereiche Bau, Technik und Umwelt. Der SIA fördert kreatives und innovatives Wirken sowie optimierte Qualität.
Er steht für die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Bedeutung der durch ihn vertretenen Berufe ein.
Die Pressemitteilung sia: Baukultur in PPP-Verfahren stärken wurde publiziert von SIA Ingenieur- und Architektenverein am 26.08.2008 (Sechsundzwanzigster August). Die Meldung sia: Baukultur in PPP-Verfahren stärken hat die ID News-HLP-44-326014.
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA) (Firmenporträt) | |
Artikel 'sia: Baukultur in PPP-Verfahren stärken' auf Swiss-Press.com |
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