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Ersatz vs. Ergänzung - Fürchten sich Taxifahrer zu Recht vor Fahrdienst „Uber“?

07.10.2015 | von Portal Helpnews.ch


Portal Helpnews.ch

Zürich (helpnews) - 07.10.2015, Unter Taxifahrern hat es Tradition, gegen die Liberalisierung des eigenen Marktes anzukämpfen. In weit verbreiteten Protesten, die kürzlich gegen die Fahrdienst- App Uber entbrannten, wird man dieser Tradition wieder gerecht. Mit den Ängsten der Dominatoren auf dem Taximarkt verhält es sich allerdings wie mit der Furcht von Hoteliers vor der Unterkunftsvermittlung von Airbnb oder der Bevölkerung vor Immigranten, die ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen könnten: Sie könnten ziemlich unbegründet sein.

von Diane Coyle

Die Taxifahrer haben Kapital, wie etwa die Lizenzplaketten in Amerika oder in die legendäre Prüfung „The Knowledge“ investierte Zeit in London. Der Seltenheitswert dieses Kapitals wird nun aber von neuen Markteintretern bedroht. Niemand will in einem härteren Wettbewerb den Kürzeren ziehen müssen. Was mit Marktführern geschieht, hängt aber davon ab, ob die Neueintreter Ersatz oder Ergänzung sind. Wenn Uber günstigere Fahrten anbietet, wechseln bestehende Taxi-Kunden dann den Anbieter? Oder erhöht sich die Nachfrage nach Taxifahrten jeglicher Art?

Die verbreitetste Annahme ist, dass alle Taxifahrten als Ersatz für einander fungieren. Wenn jemand einen günstigeren neuen Dienst einführt, wird er dann den vorhandenen Anbietern das Geschäft zerschlagen? In manchen Fällen vielleicht. Wenn man nachts in London vor einem Kino steht und eine Fahrt nachhause möchte, kann man entweder eines der kultigen schwarzen Taxis anhalten oder eine App benutzen, um ein halb so teures Taxi zu bestellen. Natürlich entscheidet man sich da für die günstigere Variante, nicht wahr? Wenn man berücksichtigt, dass es die Fahrer der schwarzen Taxis hassen, in die Vorstädte fahren zu müssen, ist diese Variante gleich doppelt attraktiv.

Das Gespräch mit Fahrern im Dienst von Uber oder anderen Apps, die Fahrgäste auf Autos verteilen, zeigt eines klar: Die Technologie verkürzt die Strecken, die die einzelnen Fahrer zurücklegen müssen, und löst damit das „Rückfahrtenproblem“, das Vorstädte für Taxifahrer so unattraktiv macht. Die App-Chauffeure transportieren auch generell mehr Fahrgäste. In diese Richtung gehen auch die Befunde des Wirtschaftsexperten Alan Krueger in einer Untersuchung für Uber. Ein Plus dieser Apps ist also die Effizienz beim Zuteilen der Fahrgäste. Sowohl der Fahrgast als auch der Uber-Chauffeur profitieren davon. Und die Fahrer der schwarzen Taxis verlieren – oder?

Bild: Keystone/Steffen Schmidt

Man darf nicht vergessen, dass via App organisierte Fahrten auch Ersatz für Fahrten mit Privatautos sein können. In diesem Fall wird die Verfügbarkeit der Newcomer tendenziell die Nachfrage nach Fahrten mit Taxis steigern. Mehr Leute werden das Haus verlassen und eine Rückfahrt per Taxi geplant haben. Manche werden in einem normalen Taxi landen. Auf dieselbe Art kann Expansion oder Optimierung bei anderen Arten des öffentlichen Verkehrs sich als ergänzend erweisen, indem sie das Reisen grundsätzlich einfacher oder günstiger macht und die Leute dazu bewegt, ohne Auto aus dem Haus zu gehen.

Das betrifft nicht nur den Taximarkt. In allen möglichen Kontexten scheint die als logisch betrachtete Grundannahme zu sein: Ein neuer Dienst auf dem Markt wird den Dominierenden ersetzen, wenn er ihm ähnlich ist. Er kann sich aber auch als eine Ergänzung zum Marktführer herausstellen und den Markt erweitern.

Es gibt viele Beispiele überraschender Ergänzung im Kontext der digitalen Technologie. In einem Artikel der Financial Times von diesem Februar wurde der Boom bei Erstellung und Kauf von Fotoalben beschrieben, „der in diesem Ausmass alle Lügen strafte, die den Tod des materiellen Buches in der digitalen Zukunft vorausgesagt hatten“. Dass wir alle ständig Kameras in unseren Smartphones dabei haben und so viele digitale Bilder zu Gesicht bekommen, hat offenbar die Nachfrage bei Bildern auf Papier erhöht statt reduziert.

Früher war es eine weit verbreitete Meinung, dass digitale Kommunikation den Kontakt von Angesicht zu Angesicht ersetzen werde. Man sprach vom „death of distance“; der Faktor der räumlichen Entfernung werde keine Rolle mehr spielen. Wie sich aber gezeigt hat, führt die vereinfachte Kommunikation über digitale Medien auch zu einem verstärkten Wunsch nach mehr face-to-face-Kommunikation. Die Digitalwirtschaft ist entgegen den Erwartungen geographisch konzentrierter. Andere Kommunikationsmöglichkeiten sind Ergänzungen, kein Ersatz. Dieselbe Angst vor der Abschaffung des persönlichen Kontakts hatte die Verbreitung des Telefons anfangs des 20. Jahrhunderts begleitet – und auch dort war sie unbegründet. Ebenso hat der elektronische Zugriff auf Dokumente keineswegs zum papierlosen Büro geführt. Zwar könnte sich das Verhältnis zwischen Elektronischem und Materiellem dort künftig verändern, aber derzeit gilt: Mehr Dokumente bedeuten mehr Druckaufträge.

Ein weniger klares Beispiel aus dem Digital-Kontext ist der Einfluss von Internet- Piraterie. Es dauerte seine Zeit, bis die Musikindustrie auf den Kundenwunsch nach der Möglichkeit zum Download einzelner Songs statt ganzer Alben einging. Sie ging sogar rechtlich gegen einige ihrer besten Kunden vor. Das Resultat waren hohe Einbussen beim CD-Verkauf nach dem Markteintritt der Musiktauschbörse Napster im Jahr 1999. Andererseits deuten die Resultate vieler Studien darauf hin, dass Internet- Piraterie keinen grossen Effekt auf die Einnahmen der Filmindustrie hat. Es gibt keine Beweise dafür, dass illegaler Filmkonsum im Internet weitgehend Kinobesuche ersetzt. Für manche Kunden sind diese Erfahrungen lediglich Ergänzungen zum authentischen Kinoerlebnis.

In einem gänzlich anderen Kontext wird oft angenommen, Immigranten würden einheimische Arbeitskräfte ersetzen, indem sie dieselbe Arbeit für weniger Lohn oder unter schlechteren Bedingungen verrichten. Im Vereinigten Königreich hat eine Untersuchung vom Beratungsausschuss Migration allerdings keinerlei Beweise dafür gefunden, dass Immigration zu insgesamt höherer Arbeitslosigkeit oder tieferen Löhnen geführt hat, als das in anderen Szenarien der Fall gewesen wäre. Migranten haben im Vereinigten Königreich in erster Linie die vorhandene Erwerbsbevölkerung ergänzt, indem sie Arbeiten angenommen haben, die Einheimische entweder nicht tun können oder nicht tun wollen. Die Migranten ersetzen anscheinend eher Betriebsanlagen (Roboter, würde man heutzutage sagen) als die vorherrschende Arbeiterschaft.

All diesen Beispielen ist eines gemeinsam: Die falsche Annahme, dass die Grösse eines Marktes festgesetzt sei, sodass jeder neue Eintritt eine Bedrohung darstellt. Es kommt vor, dass Neues Altes ersetzt – denken Sie etwa an E-Mails und Faxe. Doch Ergänzung ist genauso gut möglich. Auch wenn wir dazu neigen, es intuitiv anders zu sehen: Die Welt ist kein Nullsummenspiel.

Zur Autorin: Diane Coyle ist Professorin für Wirtschaft an der Universität von Manchester. Sie hat für den BBC Trust, die britische Wettbewerbskommission und den britischen Beratungsausschuss Migration gearbeitet und ist Autorin mehrerer Bücher zu Wirtschaftsthemen, unter anderem von „GDP – A Brief but Affectionate History“.
Übersetzt von Raphael Dorigo / Originaltext unter www.blogs.ft.com

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